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Koffer zu: Verlagschef Fritz Panzer hat die Reiselust verloren.

Foto: Archiv
Gemeinsam mit anderen österreichischen Verlagen haben wir uns in diesem Frühjahr 2004 beim Bundeskanzleramt und dem Büro Nenning um das Projekt "Austrokoffer" beworben und schließlich den Zuschlag erhalten.

Mit Wendelin Schmidt- Dengler und Elfriede Jelinek als Autor bzw. Autorin im Begleitband und einer Auswahl von Texten, die nichts zu wünschen übrig ließ, wurde im Verlag kräftig auf das Projekt angestoßen – in der Überzeugung, mit unseren Partnern im Buchhandel auch neue Leser für die moderne Literatur Österreichs gewinnen zu können. Intern wurde von "Einstiegsdrogen" in die Literatur gesprochen.

Dann wurde aus dem Literaturprojekt "Austrokoffer" unversehens ein politisches Pro 3. Spalte jekt. Und der "Austrokoffer" zum "Koffer-Projekt" (Trotz aller Polemik finde ich den Namen gar nicht so schlecht. Denn eine lahme Enten wie einen "Kanon" bringt man auch nicht leicht zum Fliegen…)

Fatale Eigendynamik

Wir haben entschieden, den (stigmatisierten) "Austrokoffer" nicht wie geplant in das Verlagsprogramm aufzunehmen. Im Zuge der – nicht zuletzt an dieser Stelle – heftig geführten Diskussion wurde von einigen der Protagonisten jede Absage eines Autors wie ein Sieg gefeiert.

Unter dem Motto: "Schön, dass es nicht gelingen wird" wurde Herausgebern und Verlag inhaltliche Einseitigkeit vorgeworfen.

Eine (für den Verlag) ziemlich fatale Eigendynamik nahm ihren Lauf:

Ein beträchtlicher Teil der vorgesehenen Autorinnen und Autoren stimmten in der Folge einer Aufnahme ihrer Texte nicht zu – oder, auch nicht selten – zogen ihre bereits gegebene Zustimmung wieder zurück.

Nicht wenige unter ihnen versicherten, dass sie bei einer repräsentativen Auswahl mit Freude dabei wären – nicht aber, wenn viele der wichtigsten Autorinnen und Autoren fehlen.

Der "Koffer" sollte bereits im Jänner 2005 ausgeliefert werden. Das Begleitprogramm war geplant:

Umfassende Bewerbung des Projektes im Buchhandel und – in Absprache mit unseren großen Handelspartnern – beim (lesenden) Publikum. Plakate, Werbemittel, Schaufensterwettbewerb: Alles Maßnahmen, um das Projekt auch entsprechend bekannt zu machen. An Bekanntheit fehlt es inzwischen nicht. Den "Austrokoffer" kennen inzwischen sogar diejenigen, die nichts mit Literatur und schon gar nichts mit Gegenwartsliteratur im Sinn haben.

Ein Rest Fernweh

Uns allerdings fehlt inzwischen die volle Überzeugung, dieses Projekt erfolgreich umsetzen zu können. Und ohne die richtige Überzeugung fehlt auch der Rückenwind bei allen Mitreisenden.

Deshalb haben wir die Reise mit dem "Austrokoffer" nun storniert.

Ein Rest Fernweh bleibt. Denn es wäre sicher eine schöne Reise durch die Literatur geworden.

Dr. Fritz Panzer Geschäftsführer des Verlags Ueberreuter

(DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2004)