Sportlich ist alles entschieden in der Formel-1-WM und trotzdem steht einer der aufregendsten Grand Prix des Jahres vor der Tür. Fünf Monate, nachdem in Bahrain erstmals ein WM-Lauf im Mittleren Osten über die Bühne gegangen war, erobert das Motorsport-Spektakel mit dem Rennen am Sonntag in Schanghai (8:00 Uhr MESZ) nun China und damit den neben Indien größten Zukunfts-Markt der Welt.

Zumindest 325 Millionen Dollar haben die Verantwortlichen für den Bau der ultramodernen und vom Deutschen Hermann Tilke "eher zufällig" in Form des chinesischen Schriftzeichens für Shang gezeichneten Rennstrecke vor den Toren der neuen Wirtschaftsmetropole ausgegeben.

40 Millionen Dollar jährlich hat man garantiert, um den teuersten Sport der Welt die kommenden sieben Jahre in China zu haben. 150.000 Zuschauer werden bei der Premiere erwartet und das Rennen ist ausverkauft, obwohl die Tickets zwischen 44 und 447 Dollar kosten und der durchschnittliche Jahreslohn in China bei 1.000 Dollar liegt.

Die Formel 1 macht jedenfalls eine weiteren Schritt in Richtung Globalisierung und dem stehen die involvierten Autoproduzenten und Sponsoren - vor allem die aus Europa vertriebene Tabakindustrie - bekanntlich positiv gegenüber. "Jeder wirtschaftlich Interessierte blickt in den Fernen Osten. China ist das neue Klondike", sagte etwa BAR-Chef David Richards in Anspielung an den kanadischen Goldrausch des 19. Jahrhunderts.

Unter den internationalen Autokonzernen sind die boomenden und wohlhabenden Küstenregionen Chinas spätestens seit 2003 zum "gelobten Land" geworden: Der Pkw-Markt in China hat sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt. Jeder einzelne der großen Player produziert mittlerweile mit einem lokalen Partner in China - oft Limousinen der gehobenen Mittelklasse. Aber auch die Nachfrage für hoch- bis höchstpreisige, importierte Modelle ist überraschend massiv.

Selbst Ferrari wird heuer 50 seiner Luxusgefährte in China verkaufen und hofft auf Verdoppelung im Jahr 2005. Williams-Partner BMW hat heuer auf dem chinesischen Festland, in Hongkong und Taiwan bereits 23,9 Prozent mehr an Luxuskarossen verkauft als im gleichen Zeitraum 2003, fast die Hälfte davon wurden in China hergestellt. Auch BAR-Motorenpartner Honda sowie Toyota sind in China sehr gut aufgestellt und Renault - 44-Prozent-Teilhaber von Nissan - hat längst Joint-Ventures laufen.

DFer Aussstieg von Ford dämpft allerdings vor dem China-GP die Euphorie um künftige Geldquellen. Ford ist der drittgrößte Autohersteller der Welt und nicht wenige Experten sehen den Rückzug der US-Amerikaner als deutlichen Warnschuss für das ganze Business. In der Tat ist die Formel 1, die in den 90er-Jahren noch Ausscheidungsrennen veranstalten musste, auf zehn Teams und 20 Autos geschrumpft. Für 2005 kann man derzeit nur mit sieben Werks- bzw. werksunterstützten Teams fix rechnen. Gut möglich, dass Ferrari, McLaren, Williams, BAR, Renault usw. künftig ein drittes Auto einsetzen müssen, denn die Formel 1 muss 20 Fahrzeuge am Start garantieren.

Genau dort könnte jetzt auch die Chance für Klien oder McLaren-Mercedes-Ersatzpilot Alex Wurz liegen. "Keine schlechte Idee. Vielleicht ändert sich etwas aus der Not heraus zum Besseren. Denn insgesamt hat sich die Formel 1 vor lauter Politik nach hinten entwickelt und vergessen, dass sie ein Event sein sollte", so die Expertenmeinung von Niki Lauda.(APA)