Wien - Zurückhaltend bis ablehnend stehen die österreichischen Parlamentsparteien einem möglichen EU-Beitritt der Türkei und der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gegenüber. Statt eines Vollbeitritts zur Union sollte für die Türkei aber eine Ausweichlösung, etwa in Form einer privilegierten Partnerschaft gefunden werden, heißt es.

ÖVP

Die Kanzlerpartei ÖVP will der Türkei eine Perspektive geben, dennoch heißt das Motto einmal "Abwarten". Bundeskanzler ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel hat in der Vorwoche bekräftigt, dass vor einer Positionierung einmal der Fortschrittsbericht der EU-Kommission sowie die Studie über die Auswirkungen eines Beitritts auf die EU vorliegen müssten. Zuletzt hieß es dann, es werde wohl noch einen langen Diskussionsprozess darüber geben, welche Form der Zusammenarbeit mit der Türkei die beste sei. Ein Nein zu einem EU-Beitritt der Türkei kam immer wieder von der ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, Ursula Stenzel. Wenn schon Verhandlungen, dann müsse das Ergebnis offen sein.

FPÖ

Schon festgelegt hat sich im Gegensatz dazu die kleinere Koalitionspartei FPÖ, die bereits im Wahlkampf für die EU-Wahlen im Juni mit einem "Nein" geworben hat. Ein Beitritt der Türkei wird abgelehnt, "besondere Beziehungen" der Union zur Türkei hält aber auch die FPÖ für möglich. Völlig gegen den Mainstream der Partei stellt sich in diesem Punkt nur der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Er befürchtet einen Rückschlag in Richtung fundamentalistischer Gottesstaat, wenn jetzt nicht einmal Beitrittsverhandlungen aufgenommen würden.

SPÖ

Die Sozialdemokraten verweisen auf den Konsolidierungsbedarf der EU nach der diesjährigen Erweiterungsrunde. Beitrittsverhandlungen werden daher abgelehnt, so zuletzt Klubchef Josef Cap. Stattdessen sollte die bisherige Assoziierung weiter vertieft werden. Wie bei der FPÖ ist aber auch bei der SPÖ ein mächtiger Landespolitiker anderer Meinung. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl ist für Verhandlungen. Man dürfe die Türkei nicht vor den Kopf stoßen, "wir sollten versuchen, die Situation beizubehalten, einen laizistischen Staat in der Türkei zu haben, mit dem wir gut zusammen arbeiten können", fordert er.

Grüne

Noch nicht entschieden haben sich die Grünen, die - so wie die ÖVP - auf Abwarten setzen und zuerst einmal den Bericht der EU-Kommission sehen wollen. Die Perspektive eines Beitritts sollte freilich bestehen, sagte Bundessprecher Alexander Van der Bellen unlängst - freilich in einem Zeitrahmen, den er mit "irgendwann in zehn, fünfzehn, in zwanzig Jahren" umschrieb.

Bundespräsident

Bundespräsident Heinz Fischer schließlich wünscht sich eine "weise Entscheidung". Man dürfe die Türkei nicht abweisen, aber auch die Probleme dieses Landes nicht unterschätzen. Eine lange Zeit sei notwendig, um eine Lage zu erreichen, in der die türkische EU-Mitgliedschaft "sicher" sein werde. (APA)