Wien - Der Ökonom Erich Streissler hat am Dienstag massive Kritik an der Wohnbauförderung geübt und vorgeschlagen, sie durch eine einkommensabhängige Gutschrift bei der Lohn- und Einkommenssteuer zu ersetzen. Beim 20. STANDARD-Wohnsymposium wies Streissler darauf hin, dass das derzeitige System vor allem jenem höheren Mittelstand zugute kommt, der sie über den Wohnbauförderungsbetrag selbst bezahlt. Eine soziale Umverteilung finde daher kaum statt.

"Sondersteuer"

Trotz dieser "hohen, international ungewöhnlichen Sondersteuer" liege Österreich beim Wohnungsbestand im EU-Mittelfeld. Auch bei wachsendem Wohlstand und schwindender Wohnungsnot sei die öffentliche Förderung des Wohnbaus nicht gesunken. "Zweck der Wohnbauförderung ist die Förderung von Bauunternehmern", kritisierte Streissler. Ein Umstieg auf eine Subjektförderung ließe sich am kostengünstigsten durch einen Abzug vom steuerpflichtigen Einkommen erreichen, "und zwar einen umso höheren, je niedriger das Einkommen ist." Andere Ziele wie den Klimaschutz ließe sich durch Umweltauflagen durchsetzen.

Für die Beibehaltung der Wohnbauförderung in der jetzigen Höhe trat hingegen der Präsident des Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, ein. Er beklagte allerdings in den meisten Fördermodellen der Länder eine Bevorzugung der städtischen Ballungsräume und forderte deshalb, "diese Modelle zugunsten des ländlichen Raums umzudrehen." Auch soziale Einrichtungen wie Altenheime und Kindergärten könnten verstärkt gefördert werden.

Warnung vor "zu großem Optimismus"

Mödlhammer warnte vor zu großem Optimismus über die Zukunft der Wohnbauförderung. Zwar habe Finanzminister Karl-Heinz Grasser in den Finanzausgleichsverhandlungen die "klassische Wohnbauförderung" von 1,78 Milliarden Euro außer Streit gestellt, doch seien die übrigen Bundeszuschüsse an die Länder weiter in Gefahr. (ef, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.9.2004)