Wien - "Vielleicht ist das mit den Dingen, die man strategisch aus der musikalischen Biographie verbannt, so wie mit Verdrängtem in der Psychoanalyse, dass dies ab einem gewissen Zeitpunkt zurück kommt. Wobei man diese Rückkehr nicht als 'tote Wiederholung' empfindet, sondern - in Spiralform - als Fortschreiten und Befruchten."

Es scheint nur logisch, dass Bernhard Lang sein Curriculum vitae weniger in lineare denn zyklische Begrifflichkeiten fasst: Hat sich der 47-Jährige doch seit Mitte der 90er-Jahre in seinen Kompositionen, in denen er quasi-improvisatorische Intuition und die Patternbildung des Minimalismus miteinander versöhnt, als Wiederholungs- und Loop-Philosoph etabliert.

Lang hat diese Traditionsstränge nie als Antipoden empfunden, für ihn sei schon damals in den 70ern in Graz die Musik Steve Reichs, vor allem aber Terry Rileys ein Weg gewesen, die nur beschränkt kulinarischen Prinzipien des Sandwich-Prinzips (Thema-Improvisation-Thema) und anderer jazziger Stereotypien zu durchbrechen. Ja, richtig gehört, auch Bernhard Lang tingelte in jenen Twentysomething-Jahren - wie seine Komponisten-Kollegen Beat Furrer und Peter Ablinger - als Jazzpianist durch die Lande. Auch er beendete eines Tages abrupt diese seine Tätigkeit: "1981 bin ich nach einem Auftritt beim Jazzfestival Saalfelden mit dem Erich-Zann-Septett von der Bühne spaziert und habe gesagt: Tschüss!"

Ab 1982 studierte Lang Komposition bei Andrzej Dobrowolski an der Grazer Musikuniversität. Privat empfing er von Gösta Neuwirth wesentliche Anregungen. Improvisation war in diesen Jahren kein Thema, eher ein "manieriertes Strukturbewusstsein": Über die Praxis der freien kompositorischen "Übermalung" strenger Partituren wie in Versuch über das Vergessen 2 (1995) und der Verselbständigung der letzteren in den Federimprovisationen des Schrift-Zyklus knüpfte Lang wieder an Erfahrungen der 70er-Jahre an.

Die Lektüre von Gilles Deleuze' Differenz und Wiederholung sollte nachhaltige Folgen haben: "Er zeigt, dass in der Wiederholung Universen an Komplexität verborgen sein können." Lang begann, DJs wie auch periodische Geräusche defekter CD-Player zu transkribieren und diese mitunter bizarren Loops in immer komplexeren Schichtungen und Brechungen kompositorisch zu verarbeiten. Parallel zu jener mittlerweile auf 15 Opera angewachsenen Teilen der Differenz/Wiederholung-Serie ist Lang auch verstärkt wieder live zugegen.

LaLeLoo nennt sich etwa gegenwärtig das Duo mit Gitarrist Robert Lepenik, dem sich Edda Strobl mit Videoprojektionen beigesellt, und das die bislang konsequenteste Umsetzung der Loop-Ästhetik darstellt: Gilt doch die Vorgabe, sich im Material improvisierend einzig und allein auf Loops zu beschränken, diese ohne jede Entwicklungstechniken immer wieder neu ineinander zu verschachteln. Zu hören im Project Space der Kunsthalle, Karlsplatz beim Festival Open Windows - Musik mit Ausblick. (Andreas Felber/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 9. 2004)