CDU-Chefin Angela Merkel ist nach den erdrutschartigen Verlusten bei der Landtagswahl in Sachsen und dem Einbruch in Brandenburg mit massiver Kritik aus der Schwesterpartei CSU konfrontiert. "Im Schlafwagen kommt man nicht an die Macht", meinte Bayerns Innenminister Günter Beckstein. "Wir müssen unser Profil schärfen."

Der Vertraute von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber meldete auch gleich den Anspruch Stoibers auf die Kanzlerkandidatur 2006 an. "Es soll der- oder diejenige mit den besten Chancen gekürt werden. Beide haben einen derart großen Bekanntheitsgrad, dass ein Wahlsieg an ihnen nicht scheitert." Diese Ansage überrascht umso mehr, als zuletzt sogar der über CSU-Belange bestens informierte Münchner Merkur gemeldet hatte, Stoiber überlasse 2006 Merkel den Vortritt und gebe sich mit einer Rolle als Superminister zufrieden.

Auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus zweifelte Merkels Führungsstil an: "Wer in Deutschland die Verantwortung übernehmen will, braucht klare Führung, aber auch ein klares Profil. Und das kann sich nur durch eine Person vermitteln."

Für Merkel ist besonders bitter, dass bisher treue Unterstützer wie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff von ihr abrücken: Man dürfe nicht darauf vertrauen, dass man "auf Samtpfoten automatisch in eine Regierungsverantwortung kommt", so Wulff. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust stellt sich gegen Merkel und befürwortet einen EU-Beitritt der Türkei.

Nach Ansicht des Chefs des Meinungsforschungsinstituts Emnid, Klaus-Peter Schöppner, ist der Ausgang der Bundestagswahl 2006 nun wieder offen: "Der Kanzler kann es noch mal packen."

Unterdessen kündigte die NPD (9,2 Prozent in Sachsen) für 2006 eine Kooperation der rechten Parteien an. Ziel sei es, als "starke nationale Fraktion" in den Bundestag einzuziehen, so NPD-Chef Udo Voigt. Es gebe schon Gespräche mit der DVU (6,1 Prozent in Brandenburg). (DER STANDARD, Printausgabe, 22.9.2004)