Leitzins auf 1,75 Prozent gestiegen
Nach der einstimmig getroffenen Entscheidung des Offenmarktausschusses der Fed steigt der Leitzins in der weltgrößten Volkswirtschaft auf 1,75 Prozent und nähert sich damit dem Zinsniveau in der Euro-Zone von 2,00 Prozent weiter an. Die US-Wirtschaft habe nach ihrer leichten Schwächephase im Sommer nun wieder Fahrt aufgenommen und werde von der lockeren Geldpolitik und dem Produktivitätswachstum unterstützt, hieß es in der mit Spannung erwarteten Erklärung der Notenbank. Auch der Inflationsdruck sei trotz der gestiegenen Energiekosten zurückgegangen.
Die Geldpolitik könne auch künftig in einem "maßvollen Tempo" gestrafft werden, bekräftigte die Fed ihre in den vergangenen Wochen oft verwendete Formulierung. Damit signalisieren die Währungshüter, dass die Leitzinsen in moderaten Schritten angehoben werden können, um Inflationsgefahren während des Wirtschaftsaufschwungs vorzubeugen. Die Fed betonte jedoch zugleich, sie werde bei einer Änderung der Konjunkturaussichten entsprechend handeln.
Signale für weitere Anhebung
An den Finanzmärkten war übereinstimmend mit einer Zinsanhebung um 25 Basispunkte gerechnet worden. Experten erkannten in der Erklärung klare Signale für eine Fortsetzung dieses Kurses. "Vieles deutet daraufhin, dass sie bereit sind, bei jedem Treffen von jetzt bis Ende 2005 die Zinsen um 25 Basispunkte zu erhöhen", sagte Cary Leahey, Volkswirtin bei der Deutschen Bank in New York. Auch Peter Kretzmer von der Banc of America wertete die optimistischen Konjunkturäußerungen als klares Signal für weitere Anhebungen in den kommenden Monaten: "Es gibt überhaupt keinen Anlass anzunehmen, dass die Fed nun eine Pause einlegt." Viele Experten rechnen daher auch für das nächste Treffen fest mit der vierten Anhebung dieses Jahres.
Die Auf- und Abwärtsrisiken für die Preisstabilität und das Wirtschaftswachstum hielten sich in den nächsten Quartalen in etwa die Waage, erklärte die US-Notenbank. "Nach der leichten Abschwächung im früheren Jahresverlauf zum Teil wegen des deutlichen Anstiegs der Energiepreise scheint das Produktionswachstum nun wieder an Fahrt zu gewinnen." Auch die Bedingungen am Arbeitsmarkt hätten sich moderat verbessert.
Vor den Wahlen kein Treffen der Fed mehr
Ähnlich optimistisch zur Konjunktur hatte sich Fed-Chef Alan Greenspan bereits Anfang September bei einer Kongressanhörung geäußert. Nach einem Rückgang der Einzelhandelsumsätze im August und angesichts des nur langsam in Schwung kommenden Arbeitsmarkts waren in den Sommermonaten Befürchtungen vor einer spürbaren Verlangsamung des US-Wirtschaftsaufschwungs aufgekommen.
Das Zinstreffen der Fed war das letzte vor der Präsidentenwahl am 2. November, bei der die Wirtschaftspolitik eine entscheidende Rolle spielt. US-Präsident George W. Bush verweist im Wahlkampf wiederholt auf seine milliardenschweren Steuersenkungen, die die Wirtschaft angekurbelt hätten. Sein Herausforder John Kerry wirft ihm dagegen vor, nicht genug gegen die wachsende Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Zu Jahresbeginn hatten einige Experten spekuliert, die Fed werde vor der Wahl trotz des kräftigen Wirtschaftsaufschwungs die Zinsen nicht anheben, um sich aus dem Wahlkampf herauszuhalten. "Nun kann wirklich niemand mehr behaupten, dass die Fed vor Wahlen nicht die Zinsschraube anzieht", sagte Volkswirt Lou Crandall von R.H. Wrightson and Associates in New York.