Hohe Dunkelziffer
Haidinger: "Ich spreche hier aber nur vom Hellfeld. Es ist von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen." Warum viele Taten gar nicht amtsbekannt werden, wusste der Deutsche Thorsten Mehles vom Unternehmen Prevent AG, das Firmen bei der Prävention gegen Wirtschaftskriminalität unterstützt.
"Die Gefährlichkeit ergibt sich nicht nur aus dem finanziellen Schaden. Es geht auch um die Reputation und das Image des Unternehmens. Solche Schäden können sogar zur Existenzbedrohung von Unternehmen werden." Denn das Bekanntwerden schwerer Fälle verunsichert Investoren und Anleger, sagte Mehles weiter.
Die häufigsten Delikte, die dem Bereich Wirtschaftskriminalität zugeordnet werden, sind Insolventbetrügereien, IT-Verbrechen und Untreue-Delikte, so Haidinger. Die Zahl der Anzeigen in Zusammenhang mit Konkursen ist aber ab 2001 massiv gesunken, denn ab diesem Jahr gibt es das Delikt der fahrlässigen Krida nicht mehr, was der BK-Chef ausdrücklich begrüßte.
Finanzdirektor als typischer Täter
Den typischen Wirtschaftskriminellen beschrieb Haidinger so: "Er ist der Finanzchef im Unternehmen, räumt in drei Jahren 96 Mio. Euro beiseite, ohne dass jemand dahinter kommt - schließlich ist ja er der Finanzdirektor.
Und bei Prüfungen ist er dank seiner Funktion immer daneben gesessen." Ein probates Mittel gegen solche Fälle: "Stellen sie einfache Regeln im Unternehmen aus, die alle kennen und an die sich alle halten, am besten auch der Chef."
Untreue-Delikte am häufigsten
Zu schaffen machen Unternehmen vor allem Untreue-Delikte. Sie sind die häufigste Form der Wirtschaftskriminalität, es gibt Haidinger zufolge eine sehr hohe Dunkelziffer, die Täter sind oft Insider - kommen also aus dem Bereich der betroffenen Firma - und verursachen sehr hohe Schadenssummen.
Aus den Ursachen, die der BK-Leiter nannte, ergeben sich auch mögliche Maßnahmen der Firmen zur Prävention: Mangelnde interne Kontrolle, Sorglosigkeit, ein Interesse von organisierten Kriminellen an der Firma und Unzufriedenheit der Mitarbeiter.
Mehles nannte als weiteres Problem, dass nebulose, oft rein gefühlsbedingte Zweifel an Mitarbeitern schließlich zu einem "justitiablen Verdachtsmoment" gemacht werden müssen. "Viele Unternehmen sind nicht in der Lage, aus einer diffusen Anfangssituation zur Aufklärung des Sachverhalts zu kommen", sagte der Experte.
Betriebsblindheit
Ein weiteres Phänomen, das aus einer deutschen Studie hervortrat: Die Gefährdung durch Wirtschaftskriminalität nehmen Unternehmer durchaus wahr - solange es nicht um die eigene Firma geht
Laut der Umfrage halten 71 Prozent der Unternehmen Wirtschaftskriminalität für ein gefährliches Problem, nur vier Prozent nannten sie harmlos. 80 Prozent rechneten mit einem Anstieg solcher Delikte, die meisten hielten aber das eigene Unternehmen für nicht gefährdet.