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Foto: Reuters/RICHARD CARSON
Wien - Es gibt nicht viele Delikte im Bereich Wirtschaftskriminalität. Die Schäden, die sie verursachen, sind jedoch enorm. Der Leiter des Bundeskriminalamts (BK) in Wien, Herwig Haidinger, sprach am Mittwoch bei einer Veranstaltung zum Thema in der Bundeshauptstadt davon, dass diese Art der Straftaten nur einen Anteil von einem bis drei Prozent an der Gesamtzahl der Delikte in Österreich hat. Zugleich sind sie aber für 50 bis 70 Prozent des Gesamtschadens verantwortlich.

Hohe Dunkelziffer

Haidinger: "Ich spreche hier aber nur vom Hellfeld. Es ist von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen." Warum viele Taten gar nicht amtsbekannt werden, wusste der Deutsche Thorsten Mehles vom Unternehmen Prevent AG, das Firmen bei der Prävention gegen Wirtschaftskriminalität unterstützt.

"Die Gefährlichkeit ergibt sich nicht nur aus dem finanziellen Schaden. Es geht auch um die Reputation und das Image des Unternehmens. Solche Schäden können sogar zur Existenzbedrohung von Unternehmen werden." Denn das Bekanntwerden schwerer Fälle verunsichert Investoren und Anleger, sagte Mehles weiter.

Die häufigsten Delikte, die dem Bereich Wirtschaftskriminalität zugeordnet werden, sind Insolventbetrügereien, IT-Verbrechen und Untreue-Delikte, so Haidinger. Die Zahl der Anzeigen in Zusammenhang mit Konkursen ist aber ab 2001 massiv gesunken, denn ab diesem Jahr gibt es das Delikt der fahrlässigen Krida nicht mehr, was der BK-Chef ausdrücklich begrüßte.

Finanzdirektor als typischer Täter

Den typischen Wirtschaftskriminellen beschrieb Haidinger so: "Er ist der Finanzchef im Unternehmen, räumt in drei Jahren 96 Mio. Euro beiseite, ohne dass jemand dahinter kommt - schließlich ist ja er der Finanzdirektor.

Und bei Prüfungen ist er dank seiner Funktion immer daneben gesessen." Ein probates Mittel gegen solche Fälle: "Stellen sie einfache Regeln im Unternehmen aus, die alle kennen und an die sich alle halten, am besten auch der Chef."

Untreue-Delikte am häufigsten

Zu schaffen machen Unternehmen vor allem Untreue-Delikte. Sie sind die häufigste Form der Wirtschaftskriminalität, es gibt Haidinger zufolge eine sehr hohe Dunkelziffer, die Täter sind oft Insider - kommen also aus dem Bereich der betroffenen Firma - und verursachen sehr hohe Schadenssummen.

Aus den Ursachen, die der BK-Leiter nannte, ergeben sich auch mögliche Maßnahmen der Firmen zur Prävention: Mangelnde interne Kontrolle, Sorglosigkeit, ein Interesse von organisierten Kriminellen an der Firma und Unzufriedenheit der Mitarbeiter.

Mehles nannte als weiteres Problem, dass nebulose, oft rein gefühlsbedingte Zweifel an Mitarbeitern schließlich zu einem "justitiablen Verdachtsmoment" gemacht werden müssen. "Viele Unternehmen sind nicht in der Lage, aus einer diffusen Anfangssituation zur Aufklärung des Sachverhalts zu kommen", sagte der Experte.

Betriebsblindheit

Ein weiteres Phänomen, das aus einer deutschen Studie hervortrat: Die Gefährdung durch Wirtschaftskriminalität nehmen Unternehmer durchaus wahr - solange es nicht um die eigene Firma geht

Laut der Umfrage halten 71 Prozent der Unternehmen Wirtschaftskriminalität für ein gefährliches Problem, nur vier Prozent nannten sie harmlos. 80 Prozent rechneten mit einem Anstieg solcher Delikte, die meisten hielten aber das eigene Unternehmen für nicht gefährdet.

64 Prozent der befragten Firmenvertreter gaben aber an, dass der eigene Betrieb in den vergangenen drei Jahren schon einmal Opfer eines Wirtschaftskriminellen geworden ist. (APA)