Es ist ein aufschlussreicher Beschluss. Der Bundesparteivorstand der ÖVP - die Versammlung der führenden Köpfe der Partei - debattierte stundenlang über die "Homo-Ehe" und formulierte schließlich ein Grundsatzpapier. Unter Punkt eins heißt es zum Thema: "Die ÖVP verfolgt eine Politik der besonderen Förderung von Ehe und Familie." Womit eigentlich alles gesagt ist. Diese Präambel macht folgende Punkte de facto zu Nebensätzen. Dass zumindest Korrekturen rechtlicher Diskriminierungen vorgeschlagen werden, ist lediglich das politische Mindestmaß in einer zivilisierten Gesellschaft im Jahre 2004.

Dann ist aber Schluss. Von einer Gleichstellung mit der Ehe ist keine Rede. Diese Festlegung wird die konservativ-katholischen Kreise mit Genugtuung erfüllen. Nimmt man die Botschaft des Beschlusses, so ist die Bundespartei der strengen Linie eines Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl, eines Salzburger ÖVP-Chefs Wilfried Haslauer oder eines Andreas Khol gefolgt, die offensichtlich die Mehrheitsmeinung der ÖVP zu diesem Thema repräsentieren.

Das erklärt auch, warum sich niemand in der Partei von den Internetaufrufen einer radikal-katholischen Gruppierung von Abtreibungsgegnern zur "Säuberung" liberaler Elemente in der ÖVP distanziert hat. Die ÖVP hat sich mit ihrem "Anti-Homo-Ehe"-Beschluss deklariert und ihre ideologischen Grenzen markiert. Die bunten Vögel in der ÖVP, die besonders in der steirischen Partei heimisch sind, wurden dabei unsanft aus dem Nest geworfen und kräftig gerupft. Wie die Partei mit dieser geistigen Verengung das urbane Publikum, die bürgerlichen Liberalen, die zum Großteil schon zu den Grünen übergelaufen sind, wiedergewinnen will, wird Parteiobmann Wolfgang Schüssel seiner Partei noch erklären müssen. Wenn er sich nicht wieder gelassen dazu verschweigt. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2004)