Der Schmerzensschrei ist kurz und intensiv. "Basta liti!", macht ein Anhänger auf der Website der linkskatholischen Partei Margherita seinem Ärger Luft: "Schluss mit den Streitereien." Das Ulivo-Fußvolk ist frustriert. Das tägliche Hickhack im Linksbündnis ermüdet die Wähler und lässt die Allianz in deren Gunst zurückfallen. In nur drei Monaten hat die Anzahl der Unschlüssigen um 20 Prozent zugenommen. Sie sind vom Rechtsbündnis enttäuscht, doch die oppositionelle Ölbaum-Allianz vermag sie nicht zu überzeugen.

Hauptursache: die endlosen Zwistigkeiten in der brüchigen Parteienkoalition. Beim Fest der Linksdemokraten in Genua kam am Wochenende erst Stimmung auf, als Parteichef Piero Fassino die Einheit der Linksbewegung beschwor. "Unità, unità" skandierten 300.000 Zuhörer lautstark.

Appell für Einheitsliste

Seit Tagen müht sich der scheidende EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, das Bündnis auf Einheitskurs zu steuern. Vergeblich. Sein Appell für eine Einheitsliste bei den Regionalwahlen im kommenden Jahr ließ Margherita-Chef Francesco Rutelli kalt. Darüber könne von Fall zu Fall entschieden werden. Rutelli wirft Prodi vor, die Linksdemokraten zu bevorzugen. Seit Wochen nutzt er jede Gelegenheit zur vordergründigen Polemik mit dem heimlichen Ulivo-Chef. Kaum ein Thema, über das sich Linksdemokraten, Margherita, Grüne und Kommunisten einig wären. Der Krieg im Irak, die Wirtschaftspolitik, die Föderalismus-Reform sorgen für anhaltenden Zwist.

Seit wenigen Tagen gibt es zusätzlichen Zündstoff: die drohende Volksabstimmung über die künstliche Befruchtung. Gegen das vom regierenden Rechtsbündnis verabschiedete restriktive Gesetz hat die Radikale Partei eine halbe Million Unterschriften gesammelt. Erreichen konnte die Splitterpartei dieses Ziel nur mit tatkräftiger Hilfe der starken Linksdemokraten, die eine Volksabstimmung gegen das Gesetz unterstützen - zum Ärger Prodis. Der befürchtet einen "Glaubenskrieg".

Der Graben geht quer durch den Ulivo, denn Rutellis Margherita lehnt das Referendum ab. Italiens oberster Meinungsforscher Renato Mannheimer zu den Auswirkungen des Dauerstreits: "Die Signale für eine wachsende Abwendung der Menschen von der Politik sind unübersehbar." (DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2004)