Belgrad - In der seit Juni 1999 unter UNO-Verwaltung (UNMIK) stehenden südserbischen Provinz Kosovo hat am Mittwoch der Wahlkampf für die Parlamentswahl am 23. Oktober begonnen. Unter den 32 politischen Parteien und Bündnissen, die um 120 Parlamentssitze konkurrieren, befindet sich lediglich eine kleine serbische Bewegung, die "Bürgerinitiative". Eine weitere serbische Gruppierung hat auf Anraten Belgrads auf eine Kandidatur bei den Wahlen verzichtet. Unter den albanischen politischen Parteien liegt laut jüngsten Meinungsumfragen die Liga der Kosovo-Albaner des Provinzpräsidenten Ibrahim Rugova in Führung.

Der Leiter der UNO-Mission in Pristina, Soren Jessen-Petersen, hat vor dem Beginn des Wahlkampfes erneut darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Urnengang um die bisher wichtigsten Wahlen in der Provinz handle. Werde die Analyse der Umsetzung von Standards Mitte nächsten Jahres positiv ausfallen, so öffne dies die Tore für Gespräche über den Status, wobei die gewählten Kosovo-Vertreter eine fundamentale Rolle spielen würden, unterstrich Jessen-Petersen. Die "Standards vor Status"-Strategie sieht vor, dass die Erfüllung demokratischer, marktwirtschaftlicher und menschenrechtlicher Standards vor eine Entscheidung über den endgültigen Status der Provinz gestellt wird.

Treffen

Der Chef der regionalen Übergangsregierung des Kosovo, Bajram Rexhepi, war Dienstagabend mit Slavisa Petkovic, dem Leiter der serbischen "Bürgerinitiative", zusammengekommen. Petkovic sagte im Anschluss an das Treffen, die Kosovo-Serben sollten nicht zu Geiseln der serbischen Regierung werden. Diese hatte die Empfehlung einer Teilnahme der serbischen Volksgruppe an den Wahlen an eine stärkere Berücksichtigung Belgrads bei der Lokalverwaltung des Kosovo gebunden.

Zwischen Belgrad und der UNMIK gibt es unterdessen auch Diskussionen darüber, ob in der südserbischen Provinz seit dem Abzug der serbischen Streitkräfte im Juni 1999 rund 1.500 Serben - wie nach offiziellen serbischen Angaben - oder aber wesentlich weniger Menschen getötet wurden. Die UNMIK spricht von 260 serbischen Opfern.

Nach Angaben des serbisch-orthodoxen Bistums von Raska und Prizren mit Sitz in Gracanica wurden unmittelbar nach dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte aus der Provinz im Juni 1999 936 Serben getötet, weitere 546 seien bis Ende 2001 ums Leben gekommen.

Der serbische Präsident Boris Tadic hatte den UNMIK-Chef am vergangenen Wochenende aufgefordert, auf eine vollständige Aufklärung der ethnisch motivierten Gewaltwelle vom März dieses Jahres zu bestehen. Tadic verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass der Tod von 1.500 Serben seit Juni 1999 von der UNMIK-Polizei nicht aufgeklärt worden sei. (APA)