Foto: Florian Holzer
Foto: Florian Holzer
Andreas Kaiblinger verließ sein Michelin-besterntes "Perkeo" in Salzburg und wechselte in ein ehemaliges Doppelcafé, das er zum "Esszimmer" machte. Und hofft, dass sein Stern nicht verblasst


Man kann über die bisherige Michelin-Bewertung sagen, was man will, zum Beispiel, dass Auswahl der gekürten Restaurants und Menge der vergebenen Sterne vielleicht nicht immer ganz leicht nachzuvollziehen waren. Man kann über die bisherigen Michelin-Bewertungen österreichischer Restaurants aber nicht sagen, dass sie nicht ein paar Protagonisten der österreichischen Restaurantszene sehr glücklich gemacht hätten. Andreas Kaiblinger zum Beispiel, der zuletzt mit einem Michelin-Stern - international immer noch die einzig gültige Restaurantbewertung - für sein "Perkeo" ausgezeichnet wurde.

Nun geschah es aber, dass Andreas Kaiblinger sein seit acht Jahren bestehendes "Perkeo" als zu klein empfand und deshalb über das Angebot, fortan in einem neuen Lokal im ehemaligen Kirlwirt im Stadtteil Mülln zu kochen, klarerweise recht froh war. Der Umbau dauerte drei Monate, man wählte das übliche Outfit eines modernen Restaurants in lebendigen Farben, bereichert mit dem obligaten Küchen-Sichtfenster - Blickkontakt mit den Gästen war Kaiblinger schon im "Perkeo" wichtig - und einem architektonischen Detail, über das man geteilter Meinung sein kann: Unter dem Restaurant fließt ein Kanal, was mittels Verglasung auch sichtbar gemacht wurde. Originell oder daneben, darüber kann nun, nachdem die Festspiele vorbei sind, ja diskutiert werden.

Küchenmäßig blieb sich Kaiblinger jedenfalls treu, es gibt vier Menüs, "Grün" und "Fisch" je viergängig, "Esszimmer" fünfgängig und "Andreas Kaiblinger" mit den diversen Highlights seines bisherigen Schaffens in sechs Gängen. Gemein ist allen Gerichten eine große Lust an der Dekoration und eine gewisse Detailverliebtheit, ein wenig unkonzentriert gegessen könnte man das eine oder andere Element der Kreation verspeisen, ohne es überhaupt bemerkt zu haben.

Dreierlei

Als Amuse-Gueule etwa kommt der beliebte Dreisprung kleiner Edelhappen mit eingesprungener austro-asiatischer Grätsche, Saibling in Tempura-Teig, knusprig und gut, eine brave Kürbiscremesuppe und ein marinierter Kalbstafelspitz. Dann wieder dreierlei, diesmal von der Lachsforelle, einmal pochiert mit hellem Schäumchen, was sich weniger eindrucksvoll darstellte, einmal als fantastisch gewürzte Frühlingsrolle und einmal als ganz nettes Tatar. Freilich nicht die Neuentdeckung des Rades, was aber weniger störte als die übergreifende Dekoritis: lila Minichips, Basilikumblätter, Tomatenmarmelade, Salatblätter (€ 15). Umso erfreulicher, dass Kaiblinger der gebratenen Gänseleber durchaus noch eine neue Komponente abgewinnen konnte: perfekt gebraten, innen flüssig, auf einem Apfel-Sellerie-LauchPüree war eine geschmackliche Offenbarung, eine finanzielle allerdings auch (€ 22). Der Steinbutt in der Karotten- Koriander-Haube mit Safranfumet klang dann aufregender, als er war, der Safran- fumet war so filigran, dass man's fast gar nicht merkte, aber dafür hatte man ja mit dem Gitter-Rösti was zum Spielen am Teller (€ 21).

Dass Andreas Kaiblinger ganz hervorragend kocht, steht außer Frage. Aber die Luft ist dünn an der Spitze der äußerst dicht besiedelten Salzburger Gourmet-Pyramide. Und Festspiele sind zwar oft, aber nicht immer. (DERSTADARD/rondo/Florian Holzer/24/09/04)