Berlin - Offenbar haben sich die Gewerkschaften auf eine gemeinsame Linie zum Mindestlohn verständigt. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Wochenende. Das sei das Ergebnis eines Treffens der Tarifpolitiker aus den DGB-Gewerkschaften. Danach schlagen die Experten vor, dass die Regierung künftig in jeder Branche die tariflichen Mindestlöhne zur gesetzlichen Norm erheben soll. Die FDP kritisierte das Vorhaben als Programm für Arbeitsplatzvernichtung.

Bevor die Regierung das Modell umsetze, solle zunächst geprüft werden, ob die Union zustimmen müsse, hieß es im "Spiegel". "Dieser Diskussion wird sich die SPD nicht verschließen", sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende, Margret Mönig-Raane, dem Nachrichtenmagazin.

Reguläre Arbeitsplätze in die Schwarzarbeit treiben

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dirk Niebel, sagte, Mindestlöhne trieben reguläre Arbeitsplätze in die Schwarzarbeit. "Wer heute Mindestlöhne fordert, fordert morgen staatlich festgelegte Brot- und Butterpreise", erklärte er. Das habe mit sozialer Marktwirtschaft nichts zu tun.

Nach Ansicht des IG-Bau-Vorsitzenden Klaus Wiesehügel wird die Diskussion um den gesetzlichen Mindestlohn "teilweise mit den falschen Argumenten" geführt. "Statt bunte Versuchsballons steigen und wieder platzen zu lassen, sollte man die Diskussion auf den Punkt bringen, nämlich, wie können wir verhindern, dass Arbeit arm macht", riet Wiesehügel.

Branchenbezogene Mindestarbeitsbedingungen

Wiesehügel sprach sich deshalb für branchenbezogene Mindestarbeitsbedingungen und Mindestlöhne aus, die mittels des Instruments der Allgemeinverbindlichkeit auf alle Firmen der Branche übertragen werden müssten.

Bisher gab es innerhalb der Gewerkschaften unterschiedliche Positionen über einen Mindestlohn. Während die Industriegewerkschaften eine Regelung der Tarifparteien für sinnvoll hielten, trat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten für gesetzliche Mindestlöhne ein. Auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte stets seine skeptische Haltung über die Einführung von Mindestlöhnen betont. Damit wird nach seiner Ansicht die Tarifhoheit aufs Spiel gesetzt.

Mindestlöhne gibt es in zahlreichen europäischen Ländern wie in Irland (7,01 Euro pro Stunde), Großbritannien (7,13 Euro) oder in Frankreich (7,57 Euro). Allerdings ist die tarifliche Bindung der Unternehmen in diesen Ländern auch weit weniger ausgeprägt als in Deutschland.(APA/AP)