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Stefan Koubek jubelt. Im Hintergrund Daviscup-Kapitän Thomas Muster.

Foto:AP/Blaha
Pörtschach - Der, um den es eigentlich nicht geht, war völlig geschafft. Thomas Muster hatte theoretische Nadeln unter dem echten Hintern, er spielte stundenlanges Sitztennis, das zehrte an der Substanz. "Im Kopf habe ich jeden Ballwechsel mitgemacht." Mit dem Körper auch (ungefähr 15.000 mal die Faust ballen, 11.000 mal Aufspringen), so ein Daviscup sorgte zum Beispiel dafür, dass es Captain Muster, nahrungstechnisch betrachtet, binnen zehn Stunden nur auf eine Banane gebracht hat. "Ich fühle mich wie 64. Dieser Job ist nicht ohne", sprach der halb Verhungerte und ganz Ergraute, der laut Geburtsurkunde am 2. Oktober erst 37 Jahre alt wird. Und er zog intensiv an einer Zigarette, ehemalige Tennisspieler dürfen das allemal.

Koubek und das Doppel

Die, um die es in Pörtschach schlussendlich gegangen ist, waren freilich der famose Stefan Koubek und das nicht minder üble, von Julian Knowle und Alexander Peya gebildete, Doppel. Die machten die drei zum Verbleib in der Weltgruppe notwendigen Punkte. Jürgen Melzer, eigentlich die Nummer eins in Österreich, ließ hingegen zweimal aus. Am Samstag gelang es ihm, Greg Rusedski das Gefühl zu vermitteln, wie das so ist, wenn man auf Sand ein Tennisspiel gewinnt. Drei Jahre hatte der Brite dieses Gefühl vermisst. Am Sonntag dann weckte Melzer den prinzipiell eher schläfrigen Tim Henman auf, verlor 6:0, 2:6, 6:7, 2:6. Und es stand urplötzlich 2:2. "Jürgen ist eben ein Bauchspieler", sagte Muster, und der mit der offensichtlichen Magenverstimmung meinte zerknirscht: "Ich wollte gestalten, habe mein Bestes versucht, es hat aber nicht gereicht."

Da der Daviscup aber traditionell ein Teambewerb ist, hat es Koubek gerichtet. Wobei er die Umstände schamlos ausgenützt hat. Denn die Briten traten quasi mit einem Zweierteam an, als ob das an sich nicht schon zu wenig wäre, hat es am Freitag auch noch zu viel geregnet. Also mussten Rusedski und Henman Doppelschichten einlegen. Zum Beispiel im Doppel. Das hatte am Samstag begonnen, wurde am Sonntag in aller Herrgottsfrüh fortgesetzt. Die Österreicher (die Briten zwangsläufig auch) nahmen bei 6:4, 1:6, 6:2 die Arbeit auf, die zweite Schicht dauerte kaum eine halbe Stunde, Knowle/Peya fügten ein 6:1 hinzu. Es war vermutlich die beste Vorstellung eines heimischen Duos seit Bestehen des Daviscups, Knowle, in der gemeinsamen Weltrangliste an 22. Stelle, nannte dann einen der Gründe: "Ich gehe mit breiter Brust auf den Platz, fürchte mich vor nichts." Mit der Installierung von Muster als Chef habe das nur am Rande zu tun: "Natürlich ist der Respekt vor ihm groß. Er hat hier die ideale Mischung von Arbeit und Lockerheit gefunden."

Tennis als leckerer Brei

Koubek mixte dann alle Zutaten, die das Tennis so anzubieten hat, zu einem leckeren Brei. Da passte der Kopf zum Körper, der Schlag zum Ball, der Wille zum Erfolg. Wobei Rusedski alles versucht hat. Gehandicapt durch widerliche Blasen an der Hand, hielt er prächtig mit. Koubek konnte das Wachstum des Gegners schlussendlich stoppen. Weil er sich an sein Konzept gehalten und Rusedski hin und her geschickt hat. Weil er im ersten Abschnitt drei Satzbälle abgewehrt hat. Und weil er "den Sieg gewollt hat." Zum Beispiel ein 7:6 (2), 6:4, 7:5.

Koubek, um dem es ging, wurde geschupft, geherzt, mit Sekt begossen, von 3000 Zuschauern bejubelt. "Ein Traum", stammelte er. Muster sah wieder jünger aus. "Kompliment an die Mannschaft. Ich bin stolz auf die Burschen." Österreich gehört 2005 der Weltgruppe an. Die wird am Donnerstag gelost. (DER STANDARD Printausgabe 27.09.2004)