Der Personalmarkt im Gesundheitsbereich stagniert. DER STANDARD sprach mit Personalberaterin Johanna Fitz über Trendwenden und Jobchancen


STANDARD: Seit dem vergangenen Jahr hat sich die Situation auf dem heimischen Pharma-arbeitsmarkt nicht erholt. Wie schlimm ist es denn nun wirklich?
Johanna Fitz: Pharmamitarbeiter oder Einsteiger, die heute einen neuen Job suchen, stehen einem um 40 Prozent niedrigeren Angebot an offenen Positionen gegenüber als noch vor zwei Jahren. Auch die Anzahl der inserierten Positionen ist zurückgegangen: im Jahr 2002 um 16 Prozent und 2003 um weitere 27 Prozent. Heuer stagniert sie auf diesem niedrigen Niveau.

STANDARD: Wo liegen denn die Gründe für diesen massiven Verfall des Angebots?
Fitz: Die Ursache ist in Mergers, Lean Management, Personalkürzungen und - vor allem - Einsparungen zu suchen. Auch an der Pharmaindustrie ist die wirtschaftliche Rezession nicht vorübergezogen. Betroffen sind vor allem Mitarbeiter von Betrieben, die Personalreduktionen zum Opfer fallen oder aktiv einen Karrieresprung anstreben. Aber auch Neu- oder Quereinsteiger, die üblicherweise für frischen Wind und neue Ideen sorgen, können nicht mehr aus der gewohnten Vielfalt der offenen Stellen auswählen.

STANDARD: Betrifft der Rückgang an offenen Positionen eigentlich alle Bereiche in Pharmaunternehmen, oder gibt es Ausnahmen?
Fitz: Er betrifft vor allem das Topmanagement, und das ist hart genug. Auf Führungsebene sind alle Pharmaabteilungen, egal ob in den Bereichen Sales, Marketing, Finanz, Forschung und Produktion, von dem geringeren Angebot betroffen. Hier kommt es förmlich zu einem Stillstand. Bei Pharmareferenten und auch bei medizinischen Positionen sieht es hingegen nicht ganz so schlecht aus.

STANDARD: In welchen Bereichen hat sich die Situation in Pharmaunternehmen entspannt?
Fitz: Bei Controlling und Buchhaltung. Finanzpositionen verzeichnen nun den stärksten Aufwind: und zwar gleich um sieben Prozent im Vergleich zu 2002. Ähnlich sieht es für das Marketing aus: Nach einem Rückgang von über 60 Prozent ist die Kurve nun wieder im Steigen. Aufwind verspürt auch der Bereich Forschung und Produktion. Aufgrund der Aktivitäten im kleinen Marktsegment der forschenden und produzierenden Pharma- und Biotechnologieunternehmen ist die Nachfrage nie gänzlich in den Keller gerutscht.

STANDARD: Gibt es neue Jobs im Pharmabereich?
Fitz: Ja, und zwar in Customer Development, Sales & Effectiveness, Kommunikation & Internet, Corporate und Legal Affairs.

STANDARD: Was sind die unmittelbaren Folgen dieses Angebotsverfalls?
Fitz: Eine derartige Phase von über zwei Jahren mit auffallend wenigen Positionen für die Pharmaindustrie hat es schon sehr lange nicht mehr gegeben. Das hat zur Folge, dass die Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt nicht immer freiwillig stattfinden und auch nicht der Erklimmung der Karriereleiter dienen. Oft sind sie das Ergebnis von Personalreduktionen und Freisetzungen. Viele hoch qualifizierte und gute Bewerber sind dadurch in ihrem Fortkommen behindert. Sie bleiben in diesen instabilen Zeiten lieber in ihrem - manchmal nur scheinbar sicheren - Job und gehen das Risiko eines Jobwechsels bewusst nicht ein.

STANDARD: Ist jetzt eine Trendwende in Sicht?
Fitz: Die wird erst dann einsetzen, wenn verschiedene Umstrukturierungsprozesse abgeschlossen sind und die neuen Personalkonzepte begonnen haben zu greifen. Sollten sich allerdings die Rahmenbedingungen wie Preisdruck der Krankenkassen, Spannenkürzungen, Chefarztsituation oder Kassenzulassung für die internationalen Konzerne weiterhin verschlechtern, droht sogar noch weiterer Personalabbau: Österreich könnte im Vergleich zu anderen Absatzmärkten ein 'unattraktiver' Vertriebskanal werden sowie als Forschungsstandort an Bedeutung verlieren. Denn auch Investitionen in klinische Forschung müssen sich unter dem Strich rechnen. Trotz allem aber sollte man die derzeitigen Veränderungsprozesse nicht nur negativ sehen, sondern vielmehr als Momentaufnahme: Schließlich ist der Health-Care-Bereich einer der größten Wachstumsmärkte der kommenden Jahre. (Der Standard, Printausgabe 25./26.9.2004)