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Der deutsche Handelsriese KarstadtQuelle ist in eine ernste Schieflage geraten. Das geplante Sanierungskonzept, das 8500 Jobs kosten könnte, ist das radikalste in der 100-jährigen Geschichte des Konzerns.

Foto: ap/MARTIN MEISSNER
Essen/Linz - Der krisengeschüttelte Versandhandels- und Kaufhauskonzern KarstadtQuelle AG zieht die Notbremse. Rund 8500 Jobs wackeln, das Bestehen von jedem zweiten der 181 Warenhäuser ist gefährdet.

Jobabbau, Einschnitte in Filialnetz und Beteiligungen sollen die Talfahrt des deutschen Handelsriesen stoppen. Der Aufsichtsratschef der Karstadt Quelle AG, Thomas Middelhoff, hat die rund 100.000 Mitarbeiter bereits vor der Entscheidung über das Sanierungskonzept auf Opfer eingestimmt.

"Es geht ums Überleben", sagte er bereits am Wochenende im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung von Montagabend, in der Einzelheiten des Konzeptes beraten wurden.

Fachmarktkette muss weg

KarstadtQuelle wird sich nach Informationen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ) von seinen Fachmarktketten zurückziehen. Sinn-Leffers, der Modediscounter Wehmeyer, der Schuhanbieter Runners Point und das Spezialgeschäft Golf House stünden zum Verkauf, berichtet das in Essen erscheinende Blatt am Dienstag. Allein auf diesem Wege trenne sich Karstadt von mehreren tausend Mitarbeitern.

Der Aufsichtsrat des angeschlagenen Konzerns hatte am Montagabend dem vom Vorstand erarbeiteten Programm zur Neuausrichtung des Konzerns zugestimmt. Das Paket sieht im Wesentlichen die Konzentration auf das Kerngeschäft, die Trennung von Randaktivitäten und die Stärkung von Wachstumsbereichen vor.

Geldspritze nötig

Die Kreditgeber Deutsche Bank und Commerzbank verlangen laut Financial Times Deutschland vom neuen Konzernchef Christoph Achenbach drastischere Sparmaßnahmen als bisher geplant. Zudem seien deutliche Wertberichtigungen vorgesehen, die mit einer Kapitalerhöhung aufgefangen werden sollten.

Laut Middelhoff ist die Lage in allen drei Kernbereichen (Versand- und stationärer Handel sowie Dienstleistungen) "sehr ernst". Alles, was nicht Stammgeschäft sei, stehe zur Disposition. Middelhoff forderte "einen echten Solidarpakt von Mitarbeitern, Führungskräften, Gesellschaftern und Banken".

"Schmerzhaften Personalabbau"

Auch der Versandhandel von Neckermann und Quelle müsse sich auf "schmerzhaften Personalabbau" einstellen. Allein bei den Warenhäusern sollen 6000 Jobs gefährdet sein; neben Kündigungen sind Ausgliederungen und Verkäufe angedacht.

Österreich-Tochter nicht betroffen

Laut Betriebsratschef Felix Hinterwirth sei die Österreich-Tochter "von den Sparplänen nicht betroffen." Quelle Österreich stehe weit besser da als die Mutter, zumal es in Österreich keine Karstadt-Käufhäuser gebe, die im Konzern primär auf dem Prüfstand stünden.

Quelle Österreich beschäftigt rund 1800 Mitarbeiter im Versand, in 160 Quelle-Shops und elf technischen Fachgeschäften. Das Unternehmen setzte im Vorjahr 312 Mio. Euro um und peilt für heuer wieder eine schwarze Null an. Im ersten Halbjahr 2004 wuchs der Umsatz um 4,1 Prozent; der Marktanteil liegt laut Unternehmensangaben bei 22 Prozent. (APA/DER STANDARD Printausgabe, 28.09.2004)