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Hilfslieferung in Gonaives.

Foto: REUTERS/Daniel Aguilar
Washington/Miami/Gonaïves - Zehn Tage nach dem Durchzug des Tropensturms "Jeanne" im Karibikstaat Haiti rechnen die Behörden allein in der am schwersten betroffenen Stadt Gonaives mit mehr als 2.000 Toten. 1.500 ertranken in den Schlamm- und Wassermassen in Folge des Sturms, fast tausend gelten noch als vermisst. In dem ebenfalls von "Jeanne" heimgesuchten US-Bundesstaat Florida wurde am Dienstag eine der umfangreichsten Aufräumarbeiten in der US-Geschichte fortgesetzt. US-Präsident Bush beantragte vor dem US-Kongress insgesamt 12,2 Milliarden Dollar (9,9 Milliarden Euro) Hilfsgelder für die Hurrikan-Opfer in Florida. Hilfskonvois In Gonaives im Norden Haitis drohte die katastrophale Lage der 200.000 bis 250.000 Einwohner immer mehr zu eskalieren; Hilfskonvois werden von den hungernden und verzweifelten Menschen angegriffen und geplündert. Mehrere Dutzend mit Eisenstangen bewaffnete junge Menschen mussten am Montag von Soldaten der UN-Stabilisierungsmission in Haiti (MINUSTAH) mit Warnschüssen und Tränengas von zwei Lastwagen mit Hilfsgütern vertrieben werden. Obdachlos

Tausende von Menschen in der Stadt sind obdachlos; einige hundert schlugen in einer Kathedrale ihr Notquartier auf. Die Gesundheitsbehörden befürchten den Ausbruch von Seuchen wie Durchfall und Typhus. Immer mehr Tote mussten in Massengräbern beigesetzt werden. Der haitianische Ministerpräsident Gerard Latortue hatte bereits am Sonntag Evakuierungen in Aussicht gestellt, damit die Häuser gereinigt und desinfiziert werden könnten.

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Miguel Angel Rodriguez, appellierte bei der Jahreskonferenz der Panamerikanische Hilfsorganisation (PAHO) in Washington eindringlich an die amerikanischen Staaten, mehr für Haiti zu tun. "Wir können diesen Menschen gegenüber nicht gleichgültig sein", sagte er. Die Situation des Landes sei eine "gigantische Herausforderung für das soziale Gewissen Amerikas". Der Vatikan kündigte eine Spende in Höhe von über 80.000 Euro für Haiti an. Kolumbien wollte 25 Tonnen Hilfsgüter wie Lebensmittel und Medikamente nach Haiti und auf die Karibikinsel Grenada schicken. Florida setzt Aufräumaktion fort

Nach Florida wurden offiziellen Angaben zufolge weitere 5.000 Rettungskräfte gesendet, um die dort bereits anwesenden Tausendschaft von Polizisten, Gesundheitsexperten und anderen Hilfskräften zu unterstützen. Mehr als 40.000 Menschen in dem US-Bundesstaat leben derzeit in Notunterkünften. Das Nationale Hurrikan-Zentrum stufte "Jeanne" am späten Montag zum tropischen Tief ab, warnte aber gleichzeitig, dass der Sturm in Teilen der US-Bundesstaaten North Carolina und Georgia Tornados auslösen könnte.

US-Präsident Bush erhöhte seinen Antrag auf Sturmhilfe vor dem US-Kongress am Montag um 7,1 Milliarden Dollar. Die Anfrage war die dritte innerhalb weniger Wochen und umfasst nun insgesamt 12,2 Milliarden Dollar. Bei den bevorstehenden US-Wahlen im November gilt Florida wie vor vier Jahren als Schlüsselstaat und wird von Republikanern und Demokraten besonders umworben. Nach der Einstufung als Katastrophengebiet haben 19 Regierungsbezirke in Südflorida Anspruch auf Bundesgelder. Hilfe kann unter anderem beantragt werden für die Kosten vorübergehender Unterkünfte oder für Reparaturarbeiten. Auch zinsgünstige Darlehen zur Neuanschaffung von zerstörten Gütern werden genehmigt. Die versicherten Schäden durch die vier Hurrikane in Florida in nur sechs werden von der US-Agentur Risk Management Solutions auf 25 Milliarden Dollar geschätzt. Vier bis acht Milliarden Dollar rühren demnach von "Jeanne". Der Rest geht auf die voran gegangenen Wirbelstürme "Charley", "Frances" und "Ivan" zurück. (APA/AFP)