Bilbao/Madrid/ Wien - Die spanische Polizei hat am Mittwoch fünf mutmaßliche Mitglieder der baskischen Separatistenorganisation ETA festgenommen.

Die vier Männer und eine Frau stünden im Verdacht, Teil der Infrastruktur der ETA gewesen zu sein und Mitgliedern der Untergrundgruppe zur Flucht nach Frankreich verholfen zu haben, teilte das Innenministerium in Madrid mit. Bei der Aktion im Baskenland und der nordspanischen Provinz Leon seien Tagebücher, Computer und ETA-Mitgliedsunterlagen beschlagnahm worden, sagte Innenminister Jose Antonio Alonso.

Auf ihre Spur waren die Behörden aufgrund von Unterlagen gekommen, welche die französische Polizei nach der Festnahme des früheren ETA-Militärchef Ibon Fernandez de Iradi alias "Susper" Anfang Dezember 2003 in Südfrankreich gefunden hatte.

Neue Gewaltdrohungen der ETA

ETA hatte sich erst am Montag mit einer Videobotschaft zu Wort gemeldet. Darin verteidigte sie Gewaltmaßnahmen und kündigte indirekt weitere Anschläge an: "Nur dank des bewaffneten Kampfes steht Euskal Herria der Weg in die Freiheit offen".

Das von ETA angestrebte unabhängige "Großbaskenland" ("Euskal Herria") soll neben Euskadi (die spanischen Baskenprovinzen Guipozcoa, Vizcaya und Alava) auch noch Navarra und den südfranzösischen Teil des Baskenlandes (Iparralde) umfassen. ETA drohte auch mit einem bewaffneten Kampf in Frankreich. In dem Video wird weiters der "Plan Ibarretxe" der baskische Regierungspartei PNV (Partido Nacionalista Vasco) abgelehnt.

Auch regierende Sozialisten lehnen "Plan Ibarretxe" ab

Der "Plan Ibarretxe" wird aber auch von der seit Mitte April amtierenden sozialistischen Regierung abgelehnt. Innenminister Jose Antonio Alonso erklärte vor Kurzem: "Der Plan Ibarretxe ist in radikaler Weise anti-konstitutionell. Er will einen Staat bilden, und und das ist verfassungsgemäß nicht möglich." Die Sozialisten wollen allerdings der autonomen baskischen Polizei "Ertzaintza" mehr Kompetenzen einräumen.

Unter der Regierung des im März abgewählten Premiers Jose Maria Aznar von der konservativen Volkspartei (PP) war die Gesprächsbasis zwischen Madrid und baskischen Politikern praktisch auf Null geschrumpft. Nach dem Sieg der Sozialisten bei den Parlamentswahlen am 14. März im Soge der Terroranschläge von Madrid war eine Wiederaufnahme des Dialogs erwartet worden.

Polizei hatte vor Madrid-Anschlägen "Bomben-Werkstätte" im Visier

Die spanische "Guardia Civil" hat jenes Haus in Morata de Tajuna im Südosten von Madrid, in dem die Attentäter der Anschläge vom 11. März die Bomben gebaut hatten, mehrere Tage lang observiert. Das geht aus einem Bericht der paramilitärischen Polizeigruppe an die Untersuchungskommission des spanischen Parlaments zum "11-M" hervor.

Demnach waren die Behörden von einer Nachbarin informiert worden, dass in dem kleinen Haus "verdächtige Individuen mit arabischem Aussehen" ein- und ausgingen. Die Frau hatte zudem angegeben, dass in dem Wohnobjekt zuvor auch Frauen und Kinder gelebt hatten. Später sei es aber nur noch von Männern frequentiert worden.

Bei Observation der Männer konnte nichts "Abnormales" entdeckt werden

Mehrere Beamte der Guardia Civil observierten in Folge zwischen 7. und 10. März, also bis einen Tag vor dem Attentat, das Grundstück. Sie konnten laut dem Report im Verhalten der "drei oder vier Männer maghrebinischer Herkunft" allerdings nichts "Abnormales" entdecken. Die Beamten kamen zum Schluss, dass es sich um illegal beschäftigte Arbeiter handeln könnte.

Die Attentäter hatten das Haus ein Jahr vor den Anschlägen auf Vorortezüge am Bahnhof Atocha in der spanischen Hauptstadt mit 191 Toten und 1.900 weiteren Verletzten gemietet. Späteren Ermittlungen zufolge wurden darin jene Sprengkörper gebaut, die bei den verheerenden Attentaten zum Einsatz kamen. Ein Tag nach dem Massaker fand in dem Gebäude Anrainern zufolge ein großes Fest statt. (APA)