Die Causa Estag zählt mit Sicherheit nicht zu den Sternstunden des Bundesrechnungshofes. Die Berichte über die Vorgänge im steirischen Landeskonzern Energie Steiermark Holding AG waren durchzogen von Schlampigkeitsfehlern - Euro mit Schilling verwechselt - und Ungenauigkeiten.

Natürlich hat der Rechnungshof auch viel Wahres über Verfilzungen, mittelmäßiges Management und unachtsame politische Eigentümer zu Papier gebracht.

Der jetzt vorliegende Bericht über mögliche Haftungen ehemaliger Estag-Manager ist aber wieder voller Rätsel. Hier werden die goldenen Abfertigungen der im Jänner 2004 wegen Handlungsunfähigkeit gefeuerten Vorstände schwer kritisiert und die Aufsichtsräte dafür haftbar gemacht.

Der dritte entlassene Vorstand, "Estag-Aufdecker" und Ex-VP-Landesrat Gerhard Hirschmann, der sich ebenfalls mit dem Konzern auf eine Millionenabfindung geeinigt hatte, blieb völlig ungeschoren. Seine Causa wurde nicht untersucht. Was die Vermutung aufkommen lässt, dass der Rechnungshof einen wichtigen Informanten schonen wollte.

Ein Detail des Berichtes hat jedoch Sprengkraft. Der Aufsichtsrat hatte einen Estag-Vorstand vorzeitig in Pension geschickt, um Platz für Hirschmann zu schaffen. Der RH ist überzeugt davon, dass die Aufsichtsräte für die entstandenen Mehrkosten persönlich verantwortlich sind.

Diese Klage sollte durchgefochten werden. Allein zur Warnung an all jene Aufsichtsräte - von der ÖIAG bis zur AUA -, die auf Geheiß der Regierung Topmanager mit Millionenabfindungen in die Wüste schicken. Offensichtlich ist den meisten "staatsnahen" Aufsichtsräten nach wie vor nicht wirklich bewusst, dass sie für Aufträge der Politiker, die sie ausführen, persönlich voll haftbar sind. (DER STANDARD Printausgabe, 30.09.2004)