Budapest - Die ungarische rechtskonservative Oppositionspartei Fidesz-Ungarischer Bürgerverband hat vor der Wahl von Premier Ferenc Gyurcsany gegen diesen schwere Vorwürfe erhoben. Sie brachte Gyurcsany mit dem ungarischen mutmaßlichen Großbetrüger Attila Kulcsar in Verbindung, der als Chef der Brokerfirma Equietes der KH-Bank Kundengelder im Werte von umgerechnet 88 Millionen Euro veruntreut haben soll. Die Anschuldigung gegen Gyurcsany gründete Fidesz auf ein Abhörprotokoll der Polizei.

Fidesz erklärte, dass ein Mann namens "Gyurcsanyi" in den Brokerskandal verwickelt sein soll. Obwohl sich der Name mit einem "i" von dem des designierten ungarischen Premiers unterscheidet, verlangte die Partei, dieser solle sich noch vor der Wahl vor den Abgeordneten des Parlaments zu den Anschuldigungen äußern. Inzwischen veröffentlichte Ferenc Gyurcsany ein Kommunique, in dem er erklärte, kein Konto bei der besagten Brokerfirma Equietes geführt und mit dieser keine Transaktionen abgewickelt zu haben. Zugleich beauftragte Gyurcsany die Brokerfirma, den Inhalt der Erklärung zu prüfen und zu bestätigen.

Diese versuchte "Notbremse" vor der Wahl des neuen Premiers interpretieren politische Beobachter als Beweis dafür, dass Fidesz in Gyurcsany einen härteren Konkurrenten sieht, als das im Falle des zurückgetretenen Regierungschef Peter Medgyessy der Fall war. Allein rhetorisch sei Gyurcsany dem Fidesz-Vorsitzenden Viktor Orban besser gewachsen. Falls Fidesz keine stichhaltigen Beweise für die Beschuldigung gegen Gyurcsany hätte, könnte das zu einem "Eigentor" werden, das zu einem Sympathie-Verlust für Fidesz in der Bevölkerung führen könnte.

Das Abhörprotokoll wird auf der Homepage von Fidesz sowie der rechten Tageszeitung "Magyar Nemzet" veröffentlicht. Wie das Dokument in die Öffentlichkeit gelangte, bleibt unklar. (APA)