Das Urteil im Prozess rund um die Spendenmissbrauchaffäre von World Vision ist seit Dienstag rechtskräftig. Die ehemalige Präsidentin und Geschäftsführerin der Hilfsorganisation "World Vision Österreich", Martina Taurer-Krones (43) hat gegen ihre Verurteilung zu drei Jahren Haft keine Rechtsmittel angemeldet. Für die heimische Justiz ist das Kapitel damit abgeschlossen, doch in Bayern tauchen nun weitere schwere Vorwürfe gegen Martina Taurer-Krones auf.

Wie die Passauer Nachrichtenagentur "medienDENK" berichtet, liegt gegen die Österreicherin der Verdacht des versuchten Scheckbetrugs in Millionenhöhe vor. Taurer-Krones soll vergangenen Juli gemeinsam mit drei Männern versucht haben, in der Raiffeisenbank in Hohenau bei Freyung, einem kleinen Ort im Bayrischen Wald, einen gefälschten Scheck über 1,2 Millionen Euro einzulösen.

Gegen Kaution frei

Staatsanwalt Wolfgang Neuefeind von der Passauer Anklagebehörde bestätigt am Dienstag auf STANDARD-Anfrage, dass es entsprechende Ermittlungen gebe. Taurer-Krones soll sich sogar in Deutschland in Untersuchungshaft befunden haben, aber gegen eine Kaution von 20.000 Euro auf freien Fuß gesetzt worden sein. Weiter in U-Haft befindet sich in ein 27-jähriger Wiener, der in Passau als Hauptverdächtiger gilt.

Sechs Wochen zuvor sollen die Österreicher einen ähnlichen Versuch bei einer Bank in Augsburg gestartet haben. Dieser Scheck der Deutschen Bank sei auf die gigantische Summe von 5,5 Millionen Euro gezeichnet und genauso falsch gewesen, berichtet medienDENK.

Angeblich, so sei der Kriminalpolizei später aufgetischt worden, habe der Scheck mit Geschäften der Handelskette Rewe zutun, die für ihren Fuhrpark Autos der Marke Skoda ankaufte.

Anwalt weiß von nichts

Der Wiener Rechtsanwalt Christof Dunst, der Taurer-Krones im World-Vision-Prozess vertreten hat, erklärte auf Anfrage, er wisse nichts von den Vorwürfen in Deutschland. Er verwies aber auf den Grundsatz der Unschuldsvermutung.

Wie berichtet, wurde Martina Taurer-Krones vergangenen Mittwoch von einem Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Kurt Wachsmann zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt. Ihr Ehemann Wolfgang (52), dem das Gericht eine "Mitläuferrolle" zubilligte, erhielt zwei Jahre bedingt und nahm das Urteil sofort an.

Die beiden haben zwischen 1995 und 1998 Spendengelder des mittlerweile unter der Bezeichnung "World Vision GEV" völlig neu gegründeten Vereins veruntreut und für private Zwecke, unter anderem Flüge mit der Concorde, missbraucht. Das Gericht ging von einer Schadenssumme von umgerechnet 650.000 Euro aus. (Michael Simoner/DER STANDARD; Printausgabe, 6.10.2004)