Bild nicht mehr verfügbar.

"Krone"-Berichte über Jelinek.

Foto: Archiv
Die "Kronen Zeitung" hat sich bei der Berichterstattung über die Verleihung des Nobelpreises an ihre Lieblingsfeindin Elfriede Jelinek einigermaßen schwer getan.

Chefredakteur Michael Kuhn hatte am Donnerstag frei, es lag daher an Vizechefredakteur Christoph Biro, das Blatt mit dem zweiten Chefredakteur, Christoph Dichand, zu gestalten. Der ließ sich angeblich von seinem Vater, Herausgeber Hans Dichand, beraten, wie mit dem haarigen Thema Jelinek umzugehen sei. Die handelnden Personen aus Herausgeber- und Chefredakteur-Etage waren für den STANDARD nicht zu erreichen.

Wie aus dem Haus in der Wiener Muthgasse trotzdem zu erfahren war, sei es Biro nur "mit Mühe und Überzeugungsarbeit" gelungen, Dichand Junior zu überzeugen, dass die Preisverleihung an Jelinek auch in der "Kronen Zeitung" prominent - und möglichst auf deren Titelseite - thematisiert werden müsse.

Der Kompromiss: Jelinek, "eine Feindin der Kronen Zeitung" wurde mit einem so genannten "Anriss" auf der Seite eins bedacht, freilich ohne Foto. Das unbestätigte Ondit, das in der "Krone" am Donnerstag-nachmittag in Windeseile die Runde machte: Ein Foto auf der Titelseite sei verzichtbar, notfalls mit der Argumentation, dass die Nobelpreisträgerin "so schön nicht ist".

Im Kulturteil der "Kronen Zeitung" wurden der Nobelpreisträgerin dafür zwei ganze Spalten mit Bild gewidmet. Aufgepeppt wurde das Thema schließlich noch mit zwei Kolumnen, von Marga Swoboda und Günther Nenning. Hintergrund: Jelinek war eine der ersten, die aus dem von Nenning initiierten "Austro-Koffer" ausgestiegen waren.

Leichter gefallen ist der Sprung über den eigenen Schatten den, vom Vorzimmer der Macht etwas weiter entfernten, Blattmachern der Steirer-Krone. In der Steiermark, aus der die Schriftstellerin stammt, hat es Jelinek in die Titelzeile geschafft. "Aus patriotischen Gründen", wie in Wien erklärt wird. (gra/DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2004)