<b>Rückblick: </b>Shirin Ebadi - Rechtsanwältin gewann 2003
Engagierte Streiterin für Rechte von Frauen und Kindern oft in Konflikt mit iranischen Mullahs
Redaktion
,
Teheran/Wien - Als die iranische Rechtsanwältin Shirin Ebadi
für ihren Einsatz um Menschen- und Frauenrechte im Vorjahr den
Friedensnobelpreis erhielt, war trotz allem die Überraschung ziemlich
groß. Sie selbst sieht den ihr zuerkannten Preis als eine Ermutigung
für moslemische Frauen, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Vor der
Entgegennahme des Nobelpreises betonte Ebadi, die erste Moslemin
unter den Trägerin dieser Auszeichnung, eine Geringschätzung der
Frauen sei mit islamischen Grundsätzen unvereinbar. Nicht auf
Religion oder Kultur komme es an, sondern auf den Glauben und die
Menschenrechte, so die 56-jährige Anwältin und Aktivistin.
"Störung der öffentlichen Meinung"
Als Menschenrechtskämpferin tritt Ebadi im Konflikt mit dem
erzkonservativen Klerus für Bürgerrechte, Rede-, Presse und
Religionsfreiheit ein. Ihr Engagement hat die reformorientierte
Moslemin schon mehrfach in Konflikt nicht nur mit den konservativen
Teilen der iranischen Regierung gebracht - Ebadi saß bereits
wiederholt im Gefängnis. Sie kam unter anderem im Juni 2000 wegen
"Störung der öffentlichen Meinung" kurz vor dem ersten Jahrestag der
blutigen Zusammenstöße zwischen Studenten und Polizei im Iran
vorübergehend in Untersuchungshaft.
Ebadi handelte sich auch Ärger mit den Behörden ein, als sie die
Verteidigung einer Kollegin übernahm, die wegen ihrer Teilnahme an
einer von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 ausgerichteten
Iran-Konferenz in Berlin zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Zuletzt vertrat sie vor Gericht die Mutter einer aus dem Iran
stammenden kanadischen Fotojournalistin, die unter mysteriösen
Umständen in der Haft gestorben war. Gegen den Freispruch des
zuständigen Justizbeamten will Ebadi nun auch internationale
Organisationen einschalten.
nterstützung von Kinderrechten
In der Vergangenheit nahm Ebadi immer wieder an Kolloquien über
den Iran im Ausland teil. In ihrer Heimat machte sie sich unter
anderem mit fortschrittlichen Ansätzen in der Frauengesetzgebung
einen Namen. Der engagierten Gegnerin eines extremistisch
orientierten Islam sind auch die Rechte von Flüchtlingen und Kindern
ein großes Anliegen. Sie ist Vorsitzende der von ihr gegründeten
Vereinigung zur Unterstützung von Kinderrechten im Iran. Eine Studie
über die Kinderrechte im Iran wurde mit Mitteln des
UNO-Kinderhilfswerks UNICEF gefördert. Scharf kritisierte sie den
Irak-Krieg der USA und forderte den Abzug der Besatzungstruppen.
Geboren wurde Ebadi 1947 in Teheran. Sie studierte an der dortigen
Universität und auch in Paris Rechtswissenschaften. Von 1975 bis 1979
als eine der ersten Richterinnen in der Geschichte des Landes als
Vorsitzende des Gerichtshofs von Teheran. Nach dem Sturz des Schahs
und der Machtübernahme der Mullahs 1979 verlor sie den Posten. 1997
spielte Ebadi eine wichtige Rolle beim Präsidentschaftswahlkampf für
den reformorientierten Politiker Mohammad Khatami, den damaligen
Sieger des Urnengangs und heutiges iranisches Staatsoberhaupt.
Video-Affäre
1998 machte sich Ebadi einen Namen, als sie sich mit anderen
Anwälten für die Aufklärung einer Mordserie mit politischem
Hintergrund einsetzte. Im Jahre 2000 wurde sie kurzfristig wegen
angeblicher Verwicklung in die so genannte Video-Affäre verhaftet, in
der es um angebliche Kontakte von Islamisten zum Establishment ging.
Die Mutter zweier erwachsener Töchter lehrt auch an der Teheraner
Universität. (APA)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.