Belfast/Wien – Die Busfahrer und Barkeeper und Pubbesucher – wen man so kennen lernt, wenn man eine Fußball reise tut – waren daneben gelegen. „Ihr könnt ohne Goalie spielen“, hatten die Nordiren unisono behauptet, „und unser Team wird euch kein Tor schießen.“ Österreich spielte mit Goalie, die Nordiren schossen drei Tore, und also endete, was ÖFB-Teamchef Hans Krankl seit Mittwochabend „The Battle of Belfast“ nennt, mit 3:3. Österreich holte den fünften Punkt in der WM-Qualifikation und verlor den sechsten und gleich auch den siebenten Punkt.

"Wir haben uns den Sieg verdient"

Quasi am „Day after“, um im Krankl-Jargon zu bleiben, hatte der Teamchef viele Kilometer und auch sonst Abstand gewonnen, er saß wieder im Hotel an der Donau, die Enttäuschung saß ebenfalls und zwar tief. „Wir haben uns den Sieg verdient“, sagte Krankl noch einmal, „der liebe Gott und der Schiedsrichter waren dagegen. “Dem australischen Referee, der im Zuge eines Austauschprogramms in Europa pfeifen durfte, schob Krankl die Gegentore Nummer zwei und drei in die Schuhe. Vor dem nordirischen 2:1 sei Markus Schopp gefoult, vor dem 3:3 sei der am Knie blutende Verteidiger Ferdinand Feldhofer nicht zurück aufs Feld gelassen worden.

Die Chance auf die WM-Qualifikation für die Endrunde 2006 in Deutschland ist minimal, Polen hat sich im Streit um den zweiten Gruppenplatz (hinter England) mit Siegen in Belfast, Wien und Cardiff schon abgesetzt. Krankl: „Das einzig Negative ist die Heimniederlage gegen Polen, alles andere ist gut bis sehr gut.“Freilich gesteht auch der Teamchef ein, dass schon nach den beiden Spielen Ende März gegen Wales, dass also „sehr schnell alles vorbei sein kann. Dann muss man das abhaken.“ Dann würde Österreich bis zur Heim-EM 2008 kein Match bestreiten, in dem viel auf dem Spiel stünde.

Im Februar wollte Krankl sein Team zu einem Trainingslager in Florida versammeln, die Bundesliga-Trainer waren dagegen, das Trainingslager findet nicht statt. Krankl: „Natürlich fehlt hier die Rückendeckung. Aber wär ich Klubtrainer, würde ich wahr scheinlich genauso denken und handeln.“ Drei Testspiele vor den Wales-Terminen können wohl nicht einmal die Vereine verhindern, Anfang Februar findet auf Zypern ein Turnier statt, Anfang März ist ein Heimspiel geplant, der Gegner wartet noch darauf, gefunden zu werden. Schottland wäre ein Wunschkandidat, so hat Krankl „den Berti Vogts schon bis aufs Blut sekkiert“. Doch Berti will nicht, und wer weiß, wie lange Vogts noch schottischer Teamchef ist.

Ein Team, ein Wort

Nach dem Spiel übten sich Österreichs Fußballer eher in Kritik am Schiedsrichter denn in Selbstkritik. Feldhofer: „Er hat mich nimmer reingelassen.“ Kühbauer: „Das war Australian Football.“ Pogatetz: „Das machen sie nur mit uns.“ Schopp: „Heute geht mir der Schmäh aus. “Gestern gab Krankl immerhin zu, dass ein viertes österreichisches Tor die Partie entschieden hätte, drei tolle Chancen wurden vergeben. Ansonsten stellte er sich „vor die Mannschaft“. Und also bleiben viele Fragen ungestellt oder unbeantwortet. Wie die Frage nach der Leistung von Torhüter Alexander Manninger. Oder die Frage nach dem Austausch Kollmann für Mayrleb. Oder die Frage, wie in der 94. Minute zwei nordirische Stürmer völlig frei stehen können, und wenn tausendmal nur zehn Österreicher mitspielen.

Am Ende, nachdem sich Manninger verletzt hatte, stand für kurze Zeit noch Verteidiger Feldhofer im Tor. Ohne Goalie kassierte Österreich tatsächlich keinen Treffer. So gesehen hatten sie wieder Recht, die Busfahrer und Barkeeper und Pubbesucher. (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 15. Oktober 2004)