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Beruhigend sei, dass eine Häufung erst nach 15 bis 30 Jahren häufiger Nachtarbeit sichtbar werde, so die Medizinerin Eva Schernhammer.
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Graz - Zu viel Licht in der Nacht könnte eventuell an der Entstehung von Krebs mit Schuld sein: Die in Wien geborene und am Channing Laboratory der Harvard Medical School (Boston) arbeitende Medizinerin Eva Schernhammer hält einen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Melatoninspiegel und Krebsentstehung für wahrscheinlich. Sie hat eine Langzeitstudie an Krankenschwestern ausgewertet und dabei ein höheres Brustkrebsrisiko feststellt. Im Rahmen der Grazer Tagung "Krebserkrankung und biologischer Rhythmus" ortete sie zwar "keinen Grund zur Beunruhigung", wohl aber erhöhten Forschungsbedarf.

Nurses Health Study

In Boston arbeitet Schernhammer an einer der bedeutendsten statistischen PatientInnendatensammlungen der Welt: der "Nurses Health Study", die medizinische Daten von über 120.000 Krankenschwestern seit 1988 umfasst und Auskunft über Arbeit, Familie, Ernährung und Lebensweise bis hin zu den Melatoninwerten im Morgenurinproben der Probandinnen gibt. Von knapp 80.000 Krankenschwestern, die sie erneut befragt und deren Daten ausgewertet hat, seien im Verlauf der Jahre rund 2.400 an Brustkrebs erkrankt. Dabei zeigte sich: Je häufiger die Schwestern Nachtschichten hatten, umso häufiger erkrankten sie an Brustkrebs. Signifikant häufig traten die Fälle bei Schwestern auf, die öfter als drei Mal im Monat einen Nachtdienst hatten: "Nach 15 bis 20 Jahren zeigte sich ein um sechs Prozent höheres Krebsrisiko". Entsprechend niedrig war bei diesen Frauen auch der Melatoninspiegel.

Melatonin ist ein Hormon, das nur in der Nacht produziert wird und quasi als Schlüssel zur "inneren Uhr" des Menschen gilt, der den Tages- und Nachtrhythmus steuert und in Wechselwirkung mit anderen Hormonen steht. So gebe es u.a. Beziehungen zwischen verringerter Melatoninproduktion und erhöhter Produktion des Geschlechtshormons Östrogen. Tierversuche hätten gezeigt, dass das Hormon die Krebsentstehung direkt hemmen kann. Ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Melatoninspiegel und der Entstehung von Brustkrebs gilt für Schernhammer auch auf Grund früherer sowohl experimentelle als auch Langzeitstudien an Testpersonen als wahrscheinlich. Dies umso mehr, als die Ergebnisse einer zweiten - noch unpublizierten - Studie in die gleiche Richtung wiesen.

Signifikanzen erst nach 15 bis 30 Jahren erkennbar

Zur Beruhigung räumt Schernhammer ein, dass Signifikanzen erst nach 15 bis 30 Jahren häufiger Nachtarbeit erkennbar seien. Weiter an den Wechselbeziehungen zwischen Helligkeit und der Entstehung von Krebs zu forschen sei "auf alle Fälle" wichtig. Ebenso auch, Studien an Männern und Blinden, die keinem Licht ausgesetzt sind, zu beginnen. Erst dann sei es angebracht, über Unterschiede in der Art der Lichtquelle (Fluoreszenz oder Halogen) nachzudenken, oder ob das Tragen von Schutzbrillen und Lichtfilter bzw. eine Melatonin-Substituion sinnvoll wäre. (APA)