Berlin - Neue Internet-Technologien werden nach Einschätzung von Branchenexperten in drei bis fünf Jahren die Fernsehwelt und den gesamten Unterhaltungssektor grundlegend verändern. Den Fernseher könne man bald vergessen, heißt es. "In Zukunft wird jeder über das Internet Video schauen", sagt Takashi Asai, Chef der japanischen Filmvertriebs- und Produktionsfirma Uplink. Nicht nur kurze Videoclips, sondern auch Spielfilme würden bald in voller Länge via Internet übertragen werden. In drei bis fünf Jahren werden sich Internet-Nutzer tausende von Spielfilmen in Sekundenschnelle aus dem Cyberspace herunterladen können. Nur wenige Fachleute glauben jedoch, dass das Internet in Zukunft das Kino verdrängen werde - die Größe der Kinoleinwand und das Vergnügen eines Kinoabends in Gesellschaft könne nicht ersetzt werden duch eine Set-top-Box. Wenn es jedoch um den Videoabend zu Hause ginge, dann könne das Internet seine Trümpfe ausspielen. Sowohl was die Qualität als auch zusätzliche Dienstleistungen wie Pay-TV, Pay- per-View, Kabel-Fernsehen und DVD anginge, böte das Internet dem Publikum viele zusätzliche Möglichkeiten. "In fünf Jahren gibt es keinen Videovertrieb mehr", sagt die Medien-Analystin Stefanie Fringuelli von der Investmentbank WestLB Panmure voraus. Um sich für das neue Internet-Zeitalter zu wappnen, müssten sich die Filmverleiher deshalb auch die Internet-Vertriebsrechte sichern. Wenn Regisseure verstärkt digitale Technologien benutzten, verlangten auch Privatnutzer nach der Qualität der scharfen, digitalen Bilder wie auf dem Computer, meinen andere Analysten. Viele Filmemacher betrachten das Internet als Chance für unabhängige und Avantgarde-Regisseure. Es böte ihnen die Möglichkeit, ihre Werke zu ihren eigenen Bedingungen zu vermarkten. In Zukunft könnten Avantgarde-Regisseure ihre Filme via Internet direkt zum Publikum bringen, sagt Jimmy Bredow Pedersen, Promotion-Manager des Danish Film Institute. Genauso wie es durch den Kompressionsstandard MP3 bereits heute möglich sei, Musik ohne die Hilfe einer Plattenfirma direkt zu den Fans zu bringen. Der Chef des japanischen Vertriebsbüros Uplink, Asai, befürchtet, dass die europäischen Filmemacher die neue Technologie nicht so intensiv nutzen werden wie ihre amerikanischen Kollegen. "Die Filmindustrie ist hier extrem konservativ", sagt Asai. "Sie denken bei Kino immer in Kunstkategorien und verpassen deshalb eventuell die Möglichkeiten, die die neue Technologie ihnen bietet". Deshalb bestehe die Gefahr, dass die US-Filmindustrie die schon bestehende Online-Dominanz auch auf den Filmbereich ausweite. (Reuters)