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"Batka", Alexander Lukaschenko, Europas letzter Diktator

EPA/ SERGEI SUPINSKY.
Minsk - "Papa" ist der Beste. Das sagen vor allem die älteren Belarussen und die Leute vom Lande über ihren Präsidenten Alexander Lukaschenko, den sie als "batka" ("Papa") verehren. Lukaschenko wird mit Hilfe der staatlich kontrollierten Medien seinem Spitznamen gerecht: Hier ein Foto im Bauern-Gewand, da eine Hockey-Partie mit ihm im Fernsehen, dort ein paar warme Worte für die Menschen: "Der Wille des Volkes, die Entscheidung des Volkes, sind heilig für mich", ließ Lukaschenko seine Landsleute via Zeitung vor der Abstimmung am Sonntag wissen. Sie sollten eine Verfassungsänderung absegnen, die Lukaschenko ab 2006 eine dritte Amtszeit erlaubt. Dafür, dass das Volk in seinem Sinne entschied, hatte er längst gesorgt.

Aufgewachsen ist Lukaschenko in dem Dorf Rischkatidschi etwa 200 Kilometer östlich von Minsk. Hier verbrachte er den Großteil seines Lebens und stieg in die kommunistische Landwirtschafts-Elite auf. 1987 wurde er Direktor einer Kolchose. 1990 wurde er ins belarussische Parlament gewählt. Seine politische Karriere begann aber erst 1993 richtig, als er Vorsitzender des parlamentarischen Anti-Korruptionsausschusses wurde. Diesen Posten nutzte Lukaschenko 1994, um sich bei der ersten Präsidentschaftswahl in Belarus ins höchste Staatsamt wählen zu lassen.

"1994 hat ihn das Volk gewählt, 1996 wurde er der Staat und 2001 ein kleiner Gott." So beschreibt der Oppositionelle Anatoli Lebedko die Karriere des Präsidenten, der 1996 seine Amtszeit von fünf auf sieben Jahre verlängerte und in den vergangenen Jahren das Parlament weitgehend entmachtete. Leute wie Lebedko leben gefährlich in Belarus: In den vergangenen Jahren verschwand eine Reihe politischer Gegner. Die Opposition ist überzeugt, dass der Präsident dahinter steckt.

Von westlichen Ideen hält der 50-jährige Lukaschenko nicht viel. Er hält sich an das, was er zu Sowjetzeiten gelernt hat. Marktwirtschaft ist nicht vorgesehen, Demokratie ist ihm suspekt. Die Abneigung ist beiderseitig: Lukaschenko ist der einzige europäische Staatsmann, der weder in die EU noch in die USA einreisen darf. Diese Form von Aufmerksamkeit genoss zuvor nur der frühere jugoslawische Machthaber Slobodan Milosevic.

Vor dem Referendum in Belarus am Sonntag sprachen EU-Parlamentarier sogar von einem Staatsstreich und drohten mit einer Verschlechterung der Beziehungen, die eigentlich nur noch besser werden könnten. Egal sein kann es der EU nicht, was in Belarus mit seinen zehn Millionen Einwohnern passiert: Sie braucht Lukaschenko und seinen Apparat als Barriere gegen Drogenhandel und illegale Einwanderung über ihre Ostgrenze. Der Präsident weiß das - und erinnert gern daran, wenn aus Europa allzu kritische Töne kommen. Auch auf Kritik aus den USA hatte er in der vergangenen Woche eine klare Antwort: Das US-Außenministerium solle "sich hinsetzen und den Mund halten", ließ er wissen. Washington betrachtet Belarus als letzte verbliebene Diktatur in Europa.

"Es ist die ältere Generation, die die Zukunft des Landes entscheiden wird", stellte der Oppositionspolitiker Wladimir Gonscharik vor zwei Jahren frustriert fest. "Wir wählen für das Wohlergehen unseres Landes und unseres Volkes", sagte am Sonntag eine alte Frau, als sie ein Wahllokal in Minsk betrat, um für Lukaschenko zu stimmen. "Papa" bleibt für viele eben doch der Beste. Und auf absehbare Zeit wohl auch der Einzige, der in Belarus regiert. (APA/18.10.2004)