Graz - Es ist fest, leicht und korrosionsbeständig, man kann damit Jausenbrote einwickeln oder das Gewicht von Autos und Flugzeugen reduzieren: Aluminium. Die industrielle Produktion des silbergrauen Leichtmetalls ist auch eng mit dem Namen eines altösterreichischen Chemikers verbunden: dem 1847 im schlesischen Bielitz (Bilesko, Polen) geborenen und in der ehemaligen Untersteiermark gestorbenen Carl Joseph Bayer. Heute wird das Aluminiumoxid weltweit fast ausschließlich nach dem "Bayer-Verfahren" gewonnen.

Biografie eines "vergessenen Erfinders"

"Rückenmarksdörre und Lungenlähmung" steht in der Sterbeurkunde des Chemikers, der knapp vierzig Jahre in Laboratorien in Heidelberg, Brünn, St. Petersburg und schließlich im slowenischen Recica bei Cilli gearbeitet hat. Was sich hinter den Krankheiten verbirgt, hat sein Großneffe Herbert Bayer aus dem oststeirischen Hartberg noch nicht herausgefunden. Seit Jahren arbeitet er an der Biografie des "vergessenen Erfinders", hat Verwandte und Partner in Österreich und ganz Europa ausfindig gemacht und an die Leobener Montanuniversität geladen. Ende des Jahres soll die Biografie in Druck gehen.

"Die wenigsten wissen, dass die weltweit eingesetzte Vorstufe bei der industriellen Produktion von Aluminium eine 'österreichische' Erfindung ist, für die Carl Joseph Bayer in den Jahren 1887 und 1892 Patente über das Ausrühren von Aluminatlaugen beziehungsweise über den Aufschluss von Bauxit mit Natronlauge erhielt. Damit war das so genannte Bayer-Verfahren geboren", schildert Helmut Antrekowitsch, Vorstand des Arbeitsbereiches Nichteisenmetallurgie der Montanuniversität Leoben. Bayers Verfahren zur Erzeugung von Tonerde aus Bauxit besteht darin, dass Bauxit mit Natronlauge unter großem Druck aufgeschlossen und nach Filtration Aluminiumhydrat aus der Aluminatlösung ausgerührt wird. Das auskristallisierte Aluminiumhydrat wird anschließend gewaschen und durch Glühung in Aluminiumoxid (Tonerde) übergeführt. Diese Tonerde ist chemisch rein und der wichtigste Rohstoff für die Fabrikation von Aluminium.

Carl Joseph Bayer wurde 1847 in Bielitz geboren. "Sein Vater war Architekt und hat ihm erst nach vier Semester Architektur 'voller Sorge' erlaubt, ein Studium der Naturwissenschaften anzugehen", so der Großneffe des Erfinders. An der Universität von Heidelberg war Bayer nach dem Studium Assistent des Konstrukteurs des Gasbrenners, Robert Wilhelm Bunsen, tätig, erwarb 1871 das Doktorat, lehrte in Brünn und ging schließlich nach St. Petersburg. "Dort heiratete er nicht nur die Nichte des damaligen russischen Ministerpräsidenten, Alma von Witte, mit der er später sechs Kinder haben sollte, sondern erfand auch das nach ihm benannte Verfahren".

Goldmedaille der Academie Parisienne

1893 erwarb eine Pariser Chemiefarbrik die Bayer-Patente für 25.000 Francs und weitere 12,50 Francs für jede weitere Tonne produzierten Aluminiums. "Für seine Verdienste errang mein Großonkel auch die Goldmedaille der Academie Parisienne", so Herbert Bayer. Im Anschluss baute der Erfinder Fabriken in England, Deutschland, Nordirland und Boston. 1896 ließ er sich schließlich im heute slowenischen Recica ob Paki nahe Cilli nieder und errichtete dort ein Laboratorium. Versuche, finanzielle Unterstützung für eine Fabrik zu bekommen, schlugen allerdings fehl.

Den großen Durchbruch seines Verfahrens konnte Bayer nicht mehr erleben: "Der Tod kam ihm zuvor, Bayer konnte die Ernte nicht mehr einfahren. Die Erkrankung wird wohl in Zusammenhang mit den Fluoriden und Chloriden, denen er sich ein Leben lang ausgesetzt hat, in Zusammenhang stehen", so sein Großneffe. Auch kam es nicht mehr zu einer Verwirklichung einer großen Aluminiumindustrie in Schlesien, geschweige denn den von ihm angeregten Aufbau einer Tonerdefabrik in Österreich, um die in der Steiermark, Krain und Dalmatien vorkommenden Bauxite zu verwerten: Die Umstellung erster Großanlagen auf das Bayer-Verfahren erfolgte hier erst nach dessen plötzlichem Tod (1904) mit der im heutigen Slowenien liegenden Laibacher Tonerdefabrik im Jahr 1906.

Herstellung durch elektrolytische Zersetzung von Aluminiumoxid

Aluminium ist im Vergleich zu anderen Metallen noch nicht lange bekannt. Fast bis Ende des 18. Jahrhunderts bemühte man sich vergeblich, das Element aus seinen Verbindungen mit anderen zu lösen. Man versuchte es mit Hilfe von Quecksilber, durch Hämmern, mit der Glut des Feuers. Erst 1809 schmolz Sir Humphry Davy Eisen mit Aluminium. 1827 gelang es dem deutschen Chemiker Friedrich Wöhler, Aluminiumteile in der Größe eines Stecknadelkopfes herzustellen. Dem Franzosen Henri Sainte-Claire Deville glückte es rund drei Jahrzehnte später, Aluminium mit einem Reinheitsgrad von zirka 96 Prozent mittels eines chemischen Verfahrens zu gewinnen.

1886 stellten der Franzose Paul T. Herould und unabhängig von diesem auch der Amerikaner Charles Martin Hall das Leichtmetall durch elektrolytische Zersetzung von Aluminiumoxid her. Letztlich entwickelte Bayer eine ökonomische Methode zur Gewinnung von Aluminiumoxid aus Bauxit. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts wurden die Verfahren permanent verfeinert und verbessert, anfangs vor allem in Richtung erhöhter Wirtschaftlichkeit und Effizienz, unter dem Druck des wachsenden Umweltbewusstseins geht die Industrie nun daran, den Energieverbrauch und die Schadstoffemissionen ihrer Werke zu reduzieren. (APA)