Johannes Pasquali

screenshot: derStandard.at (www.fpoe-wien.at)

Wien – Personalrochade im Wiener Bezirk Wieden: Der freiheitliche Bezirksrat Johannes Pasquali (29) wechselt zur ÖVP – und übt bei der Gelegenheit massive Kritik am Wiener FP-Parteichef Heinz-Christian Strache. Ihm seien die "tagtäglichen Peinlichkeiten" der "Gruppe um Strache" auf die Nerven gegangen, betonte er am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Pasquali setzt einen Schritt, den auch sein Chef im "Brotberuf", Karl-Heinz Grasser (V), vollzogen hat. Denn der Jung-Politiker ist im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Finanzministerium beschäftigt.

"Positive Entscheidung"

Johannes Pasquali will laut eigenen Angaben den Übertritt als "positive Entscheidung" für die ÖVP vermitteln, nannte aber vor allem Gründe, warum er sich von der FPÖ abwendet. So seien Strache und dessen Mitstreiter wie Andreas Mölzer oder Ewald Stadler "gescheiterte Populismus-Apparatschniks". Die Regierungsmitglieder der FPÖ würde ihre Sache "passabel" machen, in Wien gebe es jedoch einen Konflikt "zwischen Vernunft und Wahnsinn".

"Dümmliche Polemik" von Strache

So gebe es etwa in der Türkei-Frage von Parteichef Strache nur "dümmliche Polemik" zu hören. "Die Wiener FPÖ verwendet diese Frage nur als Vehikel für eine falsch verstandene Kleine-Mann-Politik", so Pasquali, der Kritik an der "Volksabstimmungskeule" übte. Bei Strache sehe er jedenfalls eine "völlige Inhaltsleere", sagte der 29-Jährige, der vom Wiedener FP-Bezirkschef Johann Gudenus in die Politik geholt wurde.

Der Nachdenkprozess habe bei ihm mit Knittelfeld eingesetzt. "Ich habe mich dann gefragt, warum ich beim Schmiedl bleiben soll, wenn es auch den Schmied gibt", so Pasquali. Die ÖVP sei die einzige bürgerliche Partei in der Stadt. An weitere Karriereschritte denkt er laut eigenen Angaben noch nicht: "Ich will mich jetzt einmal aktiv einbringen."

Hahn: "Den möchte ich gefestigt sehen"

Wiens geschäftsführender ÖVP-Chef Johannes Hahn betonte: "Johannes Pasquali ist Repräsentant des wirtschaftsliberalen Flügels. Den möchte ich gefestigt sehen." Es sei seine Absicht, das bürgerliche Lager wieder zu sammeln. Hahns Ziel für die 2006 anstehenden Gemeinderatswahl: Er möchte die FPÖ überholen und Zweiter hinter der SPÖ werden. Auch die Wiedner Bezirksvorsteherin Susanne Reichard (V) zeigte sich über den Neuzugang erfreut: "Wir haben uns lange gewundert, warum er noch in der FPÖ ist."

Dass sich ein derartiger Umstieg auszahlen kann, dafür ist die Bezirkschefin das beste Beispiel: Sie war ehemalige Bezirksparteisprecherin des Liberalen Forums und wechselte im Jahr 2000 zur ÖVP.

Laut FPÖ "kein Verlust"

Nach Angaben der Wiener Freiheitlichen ist der Abschied des zur ÖVP wechselnden Wiedner Bezirksrates Johannes Pasquali "mit Sicherheit kein Verlust". Pasquali habe "schon bislang keine demokratischen Mehrheiten hinter sich vereinen können", erklärte der Wiedener FP-Bezirksobmann Johann Gudenus am Mittwoch in einer Aussendung.

"Wenn die glück- und profillose Wiener Stadt- und Bezirks-ÖVP den Wechsel eines Bezirksrates von der FPÖ zur ÖVP schon als 'großen Überraschungscoup' feiern muss, dann kann man in Richtung Hahn, Reichard und Co nur noch 'Gute-Nacht Wiener ÖVP' wünschen", so Gudenus. Es handle sich "nicht einmal um einen richtigen Sturm im Wasserglas", die Aktion zeige jedoch, wie schlecht es um die Wiener Stadt- und Bezirks-ÖVP bestellt sein müsse.

"Wenn sich diese Wiener ÖVP auflöst, fällt es wahrscheinlich nicht einmal mehr jemand auf", befand Gudenus – der der Volkspartei "jedenfalls viel Freude mit dem Herrn Pasquali" wünschte.

"Nicht gerade ein Erdbeben"

Die anderen Rathaus-Parteien zeigten sich ebenfalls skeptisch: "Der von der Wiener ÖVP gelandete 'personelle Überraschungscoup auf der Wieden' ist nicht gerade ein politisches Erdbeben", meinte SP-Gemeinderat Kurt Wagner: "Diese Aktion ist vielmehr ein weiterer Beweis für die Verzweiflung, die bei der ÖVP angesichts der hauchdünnen Personaldecke herrscht."

Die Grünen sprachen in einer Aussendung von einem "kapitalem Bauchfleck". Es müsse den Wählern zu denken geben, "dass die VP einen eher am rechten Rand der FPÖ angesiedelten Bezirkspolitiker derart freudig empfängt". Dies zeige, in welche Richtung die ÖVP in Wien unter dem geschäftsführenden Obmann Johannes Hahn und Parteichef Alfred Finz gehen wolle.

(APA)