Wien – Die Grünen kennen Ursula Plassnik besser, als es für eine Oppositionspartei üblich ist. Der Grund: Plassnik war als Kabinettschefin im Kanzleramt die organisatorische Schaltstelle bei den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen Anfang des Jahres 2003. Gemeinsam mit ihrem Visavis bei den Grünen, Alexander van der Bellens Pressechef Lothar Lockl, koordinierte sie die Gespräche und sorgte für die Zusammenfassung und Präzisierung der Verhandlungspapiere.

Die schwarz-grünen Gespräche scheiterten nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon am 16. Februar – vor allem bei Sozial- und Budgetfragen gab es keine Annäherung.

Bei den Grünen erinnert man sich dennoch an eine professionelle, sehr effiziente und verlässliche Verhandlungspartnerin. "Ihr gelang es, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, in dem beide Seiten offen reden konnten. Das war sehr wichtig", erinnert sich ein Beteiligter.

Plassnik sorgte dafür, dass der Informationsfluss nie abriss, auch wenn es im Verhandlungsteam kriselte. "Sie war sehr bemüht", erinnert sich ein grüner Chefverhandler, "so etwas wie Aversion uns gegenüber war nie zu spüren". Wohl auch aufgrund dieser Erfahrung wird Plassnik nachgesagt, Schwarz-Grün gegenüber offen zu sein.

Für Verwirrung in den Reihen der ÖVP sorgte am Donnerstag jedenfalls Parteichef Alexander Van der Bellen. "Wir kennen sie aus den Regierungsverhandlungen und ich stehe nicht an, zu sagen: Wir haben die besten Erinnerungen", lobte er Plassnik im Parlament – zögernder Applaus bei den Schwarzen. "Doch, Sie können ruhig klatschen", ermunterte sie der Grüne. (tó/DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2004)