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Marc Girardelli verstärkt die österreichischen Entwicklungshilfe-Abteilung im deutschen Skisport.

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Sölden - Viele Sportarten gibt es ja nicht, in denen Österreicher Deutschen turmhoch überlegen sind, abgesehen von temporäreren Erscheinungen wie Rückenschwimmen oder Tornadosegeln gibt's eigentlich nur eine, nämlich Skifahren. Aber dass die Österreicher nun derart überlegen sind, wollen sie auch wieder nicht, schließlich ist es von nicht geringer Bedeutung, dass man sich nicht nur selbst bejubelt, sondern auch im deutschen Fernsehen gesehen wird. Die deutschen Damen sind ja echt super - Maria Riesch, Hilde Gerg und Martina Ertl belegten im vergangenen Weltcup die Ränge drei, vier und sieben; Riesch ist heuer eine der größten Favoritinnen auf den Gesamtweltcup.

Exoten

Das Herrenteam hingegen kämpft darum, sich über den Exotenstatus zu erheben. Naturgemäß mit österreichischem Know-how. Der Tiroler Werner Margreiter, vormals ÖSV-Cheftrainer, ist nun das zweite Jahr deutscher Herrenchef. Der Vorarlberger Marc Girardelli, der weiland als luxemburgisches Einmannteam den Österreichern Sieg um Sieg wegschnappte, macht den Berater, kümmert sich um den Nachwuchs und die persönlichen Sorgen der Sportler. Die Österreicher Christian Huber (Abfahrt) und Sepp Hanser (Slalom) arbeiten als Spartentrainer im DSV, Markus Eberle, der als Kleinwalsertaler mit mäßigen Erfolg für Deutschland Rennen fuhr, ist für die Europacupmannschaft verantwortlich.

Für den Riesenslalom in Sölden nannte der Deutsche Skiverband zwei Mann - mehr stehen ihm derzeit nicht zu. Andreas Ertl (29), der sich aufgrund seiner FIS-Punkte qualifizierte, und Christian Wanninger (23), der jenen Platz besetzt, der jeder FIS-Nation zusteht - also beispielsweise auch dem Senegal oder Grenada. Die Deutsche Hoffnung Felix Neureuther (20), Sohn des erfolgreichen Slalomläufers Christian Neureuther, ist nach einer Herzmuskelentzündung wieder im Trainingseinsatz, wird aber erst bei den Überseerennen ins Geschäft zurückkehren. Im Vorjahr beeindruckte er mit Laufbestzeiten, ehe er sich auf das Abitur konzentrierte und dieses auch meisterte. In Amerika werden die fast pausenlos verletzten Abfahrer Florian Eckert (WM-Dritter 2001 in St. Anton) und Max Rauffer wieder einsteigen, Margreiter spekuliert mit Top-Ten-Plätzen.

Verlorene Generationen

"Das ÖSV-System mit seinen Landesverbänden ist nicht übertragbar auf Deutschland", sagt Margreiter. "Aber dafür haben wir seit heuer ein Skigymnasium, das diesen Namen auch verdient." In Berchtesgaden lernen Wintersportler aller Art, "wobei sich die Schule nach dem Sport richtet und nicht umgekehrt".

Und in neun der zwölf deutschen Skigebiete, die mit Schneekanonen bestückt sind, werken vom DSV angestellte Jugendtrainer. Natürlich könne man nach Österreich fahren, sagt Margreiter, "aber das kostet Zeit und Geld. Rennläufer wären nur noch aus den gehobenen Schichten zu rekrutieren." Margreiter, dessen Vertrag bis 2007 läuft: "Kurzfristig ist nichts zu machen. Es gibt zu viele verlorene Generationen." Zu Hoffnung Anlass geben die Jahrgänge aus den späten Achtzigern. "Das Potenzial ist da." (Benno Zelsacher - DER STANDARD PRINTAUSGABE 22.10. 2004)