Kristin Smeral, Vorsitzende der Democrats Abroad Austria.

Foto: Democrats Abroad Austria

Katie Solon (zweite von links) und drei ihrer Kollegen an einem Info- und Wahl-Registrierungstand in Wien.

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US-Bürger im Ausland haben es dieser Tage nicht leicht. Knapp sieben Millionen Amerikaner weltweit wohnen oder arbeiten derzeit nicht im „Homeland“, davon leben etwa 10.000 in Österreich, zum Teil schon seit Jahrzehnten. Seit George W. Bush und seine Regierungsmannschaft in der Heimat das politische Heft in Händen halten, müssen sich viele Exil-Amerikaner unangenehme Fragen gefallen lassen.

Für Kristin Smeral, Vorsitzende der Democrats Abroad Austria, ist dies einer der Gründe, warum eine politische Anteilnahme bei den Auslands-Amerikanern erwacht ist, die zuvor lange Zeit verschüttet war. Einige ihrer Landsleute, so Smeral, waren gezwungen ihr ‚Amerikaner-sein’ und das Interesse an der alten Heimat regelrecht auszugraben und etwas zu tun, was manche von ihnen noch nie getan hatten: Wählen zu gehen.

Wiedererwachen

Der Wunsch nach einem Wechsel an der Spitze der USA war es auch gewesen, der die österreichische Länderkommitteen der Demokraten nach langem Schlummer wieder ins Leben zurückgeholt hat. Seit ihrer Gründung 1964 wuchs und schrumpfe die Anzahl der Länderabteilungen der Auslands-Demokraten je nach dem wer in den USA Präsident war und wie er seine Sache machte. In Österreich waren die Democrats Abroad das letzte Mal zu Zeiten von Präsident Reagan tätig. 1989, nach dem Ende der Ära Reagan, schliefen auch die Aktivitäten der Democrats Abroad Austria wieder ein.

Im Dezember 2003 kam es in Wien zur Neugründung. Die Politik von George W. Bush ließ die Mitglieder und Unterstützer der Democrats Abroad innerhalb kürzester Zeit anwachsen. Amerikaner, die zum Teil kaum Kontakte zu ihren Landsleuten pflegten, scharten sich plötzlich zusammen mit dem gemeinsamen Wunsch nach Veränderung.

Mehr als nur Anti-Bush

Die Democrats Abroad seien heute jedoch mehr, als ein bloßes Sammelbecken für Bush-Gegner, betont Smeral. Sie ist überzeugt, dass die meisten ihrer Mitglieder auch John Kerrys Qualitäten als Kandidat für das Präsidentenamt schätzen. „Sein ‚global view’, seine Erfahrung und seine Intelligenz überzeugt mehr und mehr Amerikaner von seiner Fähigkeit für das höchste Amt in den USA“, versichert sie.

Die wichtigste Aufgabe ihrer Organisation sei es daher, hierzulande möglichst viele Amerikaner zu erreicht und dazu zu bewegen, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Mit Slogans wie „Democracy. Use it – or lose it“ und „Stronger at home, respected in the world” versuchen die Auslands-Demokraten das amerikanische Wahlvolk in Österreich zu mobilisieren. In englischsprachigen Kinos, Buchhandlungen, selbst in Kirchen, überall dort also, wo üblicherweise Amerikaner zu finden sind, schlagen Democrats Abroad ihre Stände auf, sprechen Landsleute an und bieten Unterstützung bei der Abwicklung des notwendigen Wahl-Papierkrieges.

Inzwischen kann Smeral bereits auf über 1.500 Amerikaner verweisen, denen sie und ihre Kollegen bei der Registrierung der Wählerstimme geholfen hätten. Einige US-Bürger, die sie in U-Bahnen und auf der Straße ansprechen, hätten sich bereits selbst registriert; in Summe könne man davon ausgehen, dass über 30 Prozent der hier lebenden Amerikaner ihre Stimme abgeben werden. Ein großer Erfolg, so Smeral, wenn man bedenkt, dass weltweit etwa 13 Mal so viele Auslandsamerikaner von Democrats Abroad geholfen wurden, ihre Stimmzettel zu beantragen.

Republicans Abroad muss man suchen

Die republikanische Konkurrenz bereitet Smeral dabei kaum Kopfzerbrechen. Genau genommen sind die Republicans Abroad in Europa praktisch nicht spürbar. Mit George W. Bush an ihrer Parteispitze hätten es die Republikaner auch nicht gerade leicht, mögliche Wähler hier in Österreich anzusprechen. Smeral vermutet, wenn Republikaner mit „Vote for Bush“-Plakaten auf der Kärntnerstraße auftauchen sollten, dann würde sich ihr Stand keine fünf Minuten halten.

Tatsächlich sei auch der ORF erst im benachbarten Deutschland mit einem pensionierten Republikaner fündig geworden, als es darum ging für eine TV-Diskussion einen Vertreter der Auslands-Republikaner aufzutreiben. Eine entsprechende von der ÖVP organisierte Veranstaltung kam aus Mangel an hiesigen konservativen Kandidaten erst zustande, nachdem man im letzten Moment jemanden vom "Republican Institut" in der Slowakei als Gast gewinnen konnte. „Viele der weniger konservativen Republikaner befinden sich in einer besonders unangenehmen Situation“, meint Smeral. „Einerseits wollen sie Bushs Kurs nicht unterstützen, andererseits fühlen sie sich auch nicht wohl, einen Demokraten zum Präsidenten zu wählen.“

Zünglein an der Waage

Dass die vergleichsweise kleine Gruppe Exil-Amerikaner für die anstehende Präsidenten-Wahl dennoch eine relevante Größe bildet, glaubt auch Katie Solon. Sie könnten sich als Zünglein an der Waage herausstellen. Immerhin habe Al Gore im Jahr 2000 gegen George W. Bush nur um 537 Stimmen verloren. Solon ist bei den Democrats Abroad Austria für die Registrierung der Wähler verantwortlich, was angesichts des komplizierten Wahlrechts keine leichte Aufgabe sei.

Der „Voter Assistance Guide 2004-2005“ ist ein über 300 Seiten starkes Buch darüber, wie man in und außerhalb der USA korrekt seine Stimme abgibt. Jeder Bundestaat habe sein eigenes Wahlrecht, erklärt Solon, was auch der Grund ist, warum der Wahl-Leitfaden so umfangreich daher kommt. Nachdem von Alabama bis Wyoming die jeweilig Wahlbehörde ihre eigenen Regeln hat, wie Registrierungs-Formulare auszufüllen und wann diese spätestens einzusenden sind um seine Wahlkarte rechtzeitig zu erhalten, seien viele wahlwilligen Auslands-Amerikaner froh über die Unterstützung, die ihnen die Democrats Abroad anbieten.

Damit bei dem komplizierten Vorgang auch nichts schief gehen kann – etwa wenn die ersehnte Wahlkarte zu spät einzutreffen droht - rät Solon auch noch einen Notstimmzettel auszufüllen. Dies vergrößert zwar den Arbeitsaufwand für die Wahlbehörden daheim – immerhin müssen die Bezirksämter doppelt eingesandten Wahlkarten abgleichen und aussortieren – dafür erhöht sich auch die Gewissheit, dass die abgegebene Stimme zählt.

Democrats Abroad Austria wollen weiterarbeiten

Was die Zukunft von Democrats Abroad Austria betrifft, ist Kristin Smeral optimistisch. Es sei zwar wahrscheinlich, dass die jetzt so vielfache Unterstützung zurückgehen könnte, verschwinden würden die Auslands-Demokraten in Österreich aber mit Sicherheit nicht, so wie das nach dem Ende der Reagan-Präsidentschaft 1989 geschehen war. Monatliche Treffen soll der Festigung der Organisation dienen, und außerdem, so Smeral, gäbe es auch nach dem 2. November Wahlen in den USA. Das Wahlsystem sei dann zwar auch nicht einfacher, aber die Democrats Abroad wären vorbereitet, ihre Schützlinge wieder durch den Registrierungs-Dschungel zu führen.