"Isolation hilft nicht", sagte Ahtisaari weiter. Europa werde sonst als unglaubwürdig angesehen und würde das Vertrauen der Türkei verraten. "Denn die Türkei hat immer schon das europäische Projekt im Kopf gehabt." In den vergangenen 40 Jahren sei der türkische Staat als europäisches Land behandelt worden, er sei allen internationalen Organisationen beigetreten. "Man hat der Türkei gesagt, dass Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden, wenn sie die Beitrittskriterien erfüllt."
Bei der nun anstehenden Frage - der Aufnahme von Verhandlungen - gehe es hingegen noch nicht um den Beitritt selbst, betonte Ahtisaari. "Das wird noch lange, lange Zeit dauern." Verhandlungen würden die Bemühungen der türkischen Regierung jedoch weiter verstärken, die Gesellschaft zu reformieren. "Und wir haben gesehen, was dieser Reformprozess in der Türkei ausgelöst hat."
Ahtisaari unterstrich, dass auch einige der neuen EU-Staaten erst nach langer Zeit der Union beigetreten seien - das sei nichts Ungewöhnliches. "Die Türkei muss gleich behandelt werden wie alle anderen Kandidaten."
Die derzeit stattfindende Debatte um den Türkei-Beitritt beurteilt der finnische Ex-Präsident dennoch als positiv. "Ich hoffe, dass diese Debatte noch Jahre andauern wird." Allerdings solle sie weniger emotional geführt werden. "Ich mag das nicht. Ich bin ein sehr rationaler Mensch." Darauf habe auch der Anfang September vorgestellte Bericht der "Unabhängigen Türkei Kommission" abgezielt, die er leitet. "Was die Komission versucht hat, ist, eine rationalere und analytischere Debatte zu unterstützen - indem man Fakten produziert", so Ahtisaari.