New York/Paris/London/Moskau/Genf - Frauen in aller Welt haben anlässlich des Internationalen Frauentages am Mittwoch Gleichberechtigung gefordert. In Großbritannien, Bangladesch, Kuwait und anderen Ländern protestierten Frauen gegen Unterdrückung. Indessen hat sich im radikal-islamisch regierten Afghanistan nach Angaben der UNO die Stellung der Frauen im Bildungs- und Gesundheitswesen verbessert. Die Regierungen Jugoslawiens und Russlands würdigten den Einsatz von Frauen in ihren Armeen. Die UNO forderte unterdessen die stärkere Beteiligung von Frauen bei Friedensverhandlungen. In Bangladesch gingen in der Hauptstadt Dhaka Hunderte von Frauen auf die Straße, um für ein sofortiges Ende von Unterdrückung und Folter zu protestieren. Sie forderten zudem Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt und soziale Sicherheit. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr 9.600 unterdrückte Frauen und Kinder gegenüber 6.210 1998. In Kuwait reichten Frauen bei Gericht eine Klage gegen den Innenminister und den Parlamentspräsidenten ein und forderten Gleichberechtigung. Kuwait besitzt als einziger arabischer Golfstaat ein gewähltes Parlament. Frauen sind von der Wahl ausgeschlossen, obwohl die Verfassung ihnen gleiche Rechte wie Männern garantiert. "Ausschluss der Hälfte der Menschheit" Rund 2.000 Frauen, Männer und Kinder nahmen in Genf am Start des Weltfrauenmarsches 2000 teil. Sie prangerten vor allem Gewalt gegen Frauen an. "Männer haben Angst, dass Frauen über sie lachen - Frauen haben Angst, dass Männer sie töten", hieß es auf Transparenten. Der symbolische Marsch wurde nach Angaben der Veranstalterinnen in mehr als 150 Ländern begonnen und soll am 17. Oktober in New York zu Ende gehen. In Postkarten, adressiert an die Schweizer Regierung und an UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Darin wurden Maßnahmen zur Ausrottung der Armut und eine gerechte Verteilung der Reichtümer gefordert. Die Demonstranten zogen auch zum Sitz der Welthandelsorganisation (WTO), um gegen den "Ausschluss der Hälfte der Menschheit" aus der Weltwirtschaft zu protestieren. Prostituierte im Londoner Stadtviertel Soho streikten und zogen mit Gesichtsmasken durch die Straßen. Die Prostituierten, die ihre Kunden meist in Wohnungen empfangen, fühlen sich nach eigenen Angaben bei ihrer Arbeit durch die Polizei und Londoner Behörden eingeschränkt. Sie werfen ihnen vor, unangemeldet in die Wohnungen einzudringen. Die Behörden werfen den Prostituierten ihrerseits vor, den Wohnraum teilweise illegal zu nutzen. Deutsche SPD- und Grün-Frauen streiten In Deutschland ist am Weltfrauentag in der rot-grünen Koalition Streit über das geplante Gleichstellungsgesetz aufgebrochen. Die Grünen bestünden auf einem solchen Gesetz, das von Frauenministerin Christine Bergmann in Frage gestellt worden sei, sagte eine Grünen-Sprecherin. Frauen seien in Spitzenpositionen der Wirtschaft bei weitem nicht ausreichend vertreten. Laut Justizministerin Herta Däubler-Gmelin soll ein Gewaltschutzgesetz Frauen und Kinder künftig besser vor gewalttätigen Männern bewahren. Jospin feierte mit Ministerinnen Mit einer Einladung zum Essen feierte der französische Premier Lionel Jospin mit seinen elf weiblichen Kabinettskollegen den Internationalen Frauentag. Als sich Jospin aber verspätete, mußten sich diese am Mittwoch zunächst mit einem Aperitif begnügen. An ihrem Ehrentag nahmen sie dem Chef seinen Fauxpas aber nicht übel. Jospin sagte, er sei glücklich, dass er elf Kolleginnen in seiner Regierung habe. Am Vorabend hatte die französische Nationalversammlung ein neues Gesetz verabschiedet, das die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt stärken soll. Putin ehrte Soldatinnen Russlands geschäftsführender Präsident Wladimir Putin ließ den Soldatinnen der russischen Armee in Tschetschenien aus Anlass des Internationalen Frauentages Kosmetiksets zukommen. Der Generalstabschef der jugoslawischen Armee, Nebojsa Pavkovic, teilte mit, die Frauen in der Armee trügen bedeutend zur Kampfbereitschaft, Moral und allgemeinen Funktionstüchtigkeit der Truppe bei. Unterdessen plante die Oppositionsgruppe "Frauen in Schwarz" eine Demonstration in Belgrad, um der Kriegsopfer der vergangenen zehn Jahre auf dem Balkan zu gedenken. Der Präsident der UNO-Generalversammlung, Theo-Ben Gurirab, kritisierte in New York, dass die Vorstellungen der Frauen bei Friedensverhandlungen zu wenig berücksichtigt würden. "Frauen stellen die Hälfte jeder Gemeinschaft. Warum sind sie dann nicht zur Hälfte an jeder Lösung beteiligt?", so Gurirab, Außenminister Namibias. Der Afghanistan-Koordinator der UNO, Sayed Ahmed Farah, sagte, in Afghanistan seien einige Mädchenschulen wieder geöffnet worden. Die radikal-islamischen Taliban, die 90 Prozent des Landes kontrollieren, hatten nach ihrer Machtergreifung 1996 strenge Beschränkungen für Frauen in Bezug auf Bildung, Arbeit und Kleidung erlassen. (APA)