Wien - Am Freitag (29. Oktober) ist Welt-Psoriasis-Tag. Von der Schuppenflechte betroffen sind etwa zwei bis drei Prozent der Menschen. Das sind weltweit 125 Millionen Personen, in Österreich rund 250.000. Bei zwei Presseveranstaltungen wurde jetzt darauf aufmerksam gemacht, wie sehr moderne Biotech-Arzneimittel die Behandlung der chronischen Hauterkrankung revolutionieren.

Psoriasis-Arthritis

Am ärmsten sind jene Psoriatiker dran, bei denen sehr große Hautpartien betroffen sind und bei denen womöglich auch noch eine Psoriasis-Arthritis - ähnlich dem Gelenksrheuma (chronische Polyarthritis; CP) - auftritt. Schmerzen und eine zunehmende Zerstörung der Gelenke durch die Autoimmunreaktionen sind die Folge. In Österreich gibt es rund 50.000 derartige Patienten. Laut der Wiener Dermatologin Univ.-Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer (SMZ-Ost) leiden fünf bis acht Prozent der Psoriatiker daran.

Der Wiener Rheumatologe Univ.-Doz. Dr. Attila Dunky (Wilhelminenspital) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien: "Der Patient irrt (mit den zusätzlichen Gelenksbeschwerden, Anm.) oft lange herum. Wenn man nicht genau hinsieht, dann übersieht man das."

Therapien

Dabei wäre in solchen Fällen eine baldige und wirksame Therapie mit Rhauma-Basismedikamenten notwendig, um bleibende Gelenksschäden zu verhindern bzw. zumindest hinaus zu zögern. Der Vorteil: Ein Gutteil der Medikamente hilft natürlich auch gegen die Hautsymptome.

Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer (Abteilung für Umweltdermatologie an der Med-Uni Graz): "Es gibt viele gute Behandlungsformen gegen die Psoriasis. Cortison ist wirksam (allerdings darf es nicht in Tabletten- oder Injektionsform verabreicht werden, Anm.), dann Vitamin D- und Vitamin -A-Säure-Abkömmlinge, Cyclosporin A und Methotrexat." Methotrexat wird seit vielen Jahren als hoch wirksames Medikament auch bei der chronischen Polyarthritis verwendet.

Moderne "Biologicals"

Einen Durchbruch machten allerdings die modernen "Biologicals" aus, die zunächst bei der Polyarthritis und beim Morbus Crohn eingesetzt wurden und nun auch bei schwerster und nicht anders kontrollierbarer Psoriasis - eventuell mit Gelenksbeteiligung - verwendet werden. Es handelt sich derzeit dabei vor allem um einen monoklonalen Antikörper (Infliximab, "Remicade") gegen den stärksten körpereigenen Entzündungsbotenstoff Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha) bzw. ein Fusionsmolekül (Etanercept, "Enbrel"), welches das TNF-alpha im Körper abfangen soll.

Der Wiener Rheumatologe Univ.-Prof. Dr. Josef Smolen (AKH-Wien, KH Lainz): "1994 wurde die erste kontrollierte Studie mit einem TNF-Blocker (Infliximab, Anm.) über die Behandlung der chronischen Polyarthritis publiziert. In der Endstrecke ist Entzündung eine Entzündung." Das Medikament greife selektiv und sehr tief in entzündliche Prozesse ein, egal welchen Ursprungs sie seien.

Verbesserung der Symptome

Das hilft jetzt besonders Psoriasis-Patienten mit darauf beruhender Arthritis. Der Rheumatologe: "Das Verblüffende ist, dass man den Eindruck gewinnt, dass der TNF-Blocker bei der Psoriasis-Arthritis fast noch wirksamer als bei der chronischen Polyarthtitis ist." Der Grund dafür ist vielleicht, dass bei der Psoriasis-Gelenksentzündung in den betroffenen Gelenken nur halb so viel TNF-alpha produziert wird wie beim "echten" Gelenksrheuma. Daher könnte das Medikament bei gleicher Dosierung eben einen besseren Effekt haben.

Jedenfalls zeigten internationale Studien mit österreichischer Beteiligung, dass alle mit dem monoklonalen Antikörper (regelmäßige Infusion) Behandelten zumindest eine Verbesserung ihrer Symptome um 50 Prozent registrierten. Bei 36 Prozent gingen die Symptome gar um 90 und mehr Prozent zurück.

Einsatz

Die neuen Biotech-Medikamente müssen allerdings nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen eingesetzt werden. Unter den Patienten mit chronischer Polyarthritis sind das je nach Land drei bis zehn Prozent. In Österreich liegt der Prozentsatz an der unteren Grenze, weil hier die ebenfalls gut wirksamen Basistherapeutika aggressiver verwendet werden.

Bei der Psoriasis allerdings könnten in Zukunft noch weitere Biotech-Medikamente zu Verbesserungen führen. So erklärte Univ.-Prof. Dr. Nicole Selenko-Gebauer von der Abteilung für Immundermatologie der Wiener Universitäts-Hautklinik vor kurzem bei einem Medienseminar zu diesem Thema: "Diese Behandlungsformen wirken hoch spezifisch und haben ein deutlich reduziertes Nebenwirkungs-Profil." In Zukunft werde man wahrscheinlich jede schwere Schuppenflechte durch solche Medikamente "abdrehen" können.

Zusätzlich zu den TNF-Blockern (Infliximab, Etanercept) befindet sich beispielsweise auch der monoklonale Antikörper Efalizumab ("Raptiva") an Patienten in Erprobung. Das Medikament hindert aktivierte T-Lymphozyten am Eindringen in die Haut, wo sie den Nährboden für die chronische Entzündung bilden. (APA)