Zur planvollen Zerrüttung einer vernunfteheähnlichen Beziehung gehört die Erweckung des Eindrucks, es stehe mehr auf dem Spiel als bloß die gute Nachrede auf eine Länderbühnen-Ära, die - nehmt alles nur in allem - der Stadt Klagenfurt bis heute zur Ehre gereicht.

Der Klagenfurter Stadttheaterintendant hat das Zusammenwirken mit seinem politisch bestätigten Landeshauptmann und Landeskulturreferenten, der sich zugleich seit je in der Rolle eines dilettierenden Seebühnenmäzens gefiel, mit dem Reiz einer unheilvollen Frivolität geschmückt und belastet.

Niemand wird es Dietmar Pflegerl zum Vorwurf machen, dass er Jörg Haiders Exzentrizitäten wiederholt scharf benannte - um andererseits die reibungslose Verwaltung seines schmucken Theaterhauses auch gegen banausische Einwände sicherzustellen. Immerhin den Dank aller Nichtfreiheitlichen nahm der Theatermacher als moralisches Mandat in Empfang.

Freunde? Nie!

Vergessen sind also die Jahre, in denen Pflegerl und Haider einander mit grimmiger Herzlichkeit begegneten. Die heutigen Kontrahenten entblößten ihre makellos weißen Zähne und nahmen dankend das Missverständnis in Kauf, für ihre Mundstarre, die Robert Menasse in anderem Zusammenhang einmal "zähnefletschende Herzlichkeit" nannte, als gemütvolle Pragmatiker belobigt zu werden.

Als eheähnliche Hälften in einer Beziehung, deren notwendige Konservierung keiner Herzensliebe entsprang, sondern unter dem Vorschützen gemeinnütziger Interessen kooperatives Verhalten erzwang, schienen die beiden Temperamente notwendig aufeinander verwiesen. Wen kümmerte es da, ob die Partnerschaft - als "offene" Beziehung, wie kein Rocco Buttiglione sie dulden würde - nur Heuchelei war?

Nun heischt die Zerrüttung der Landesfinanzen die Aufkündigung dieses symbolischen Vertrages, der, bei Lichte besehen, gar niemals Bestand hatte. Mit der Ankündigung, sämtliche Kulturlandesagenda unter die Käseglocke einer neu zu gründenden Holding zu stellen, der gegenüber auch ein Theaterintendant auskunftspflichtig wäre, ist das Klagenfurter Tischtuch diagonal durchgeschnitten.

Pflegerl, an dessen Gebaren plötzlich Landespolitiker herumnörgeln, deren Theatersachkenntnis sich bisher größtenteils auf die Förderung der Villacher Faschingsgilde beschränkte, nennt das Kalkül seiner blauen Gegner gegenüber dem Autor dieser Zeilen den Versuch, "das Stadttheater zu Sklavendiensten für die Seebühne" zu verpflichten.

Pflegerl muss plötzlich seine ganzen Zukunftshoffnungen auf die Zufälligkeiten eines SP-Parteitags setzen, auf dessen Tagesordnung die Causa Stadttheater bestenfalls eine Fußnote darstellt. Veranschlagt die SP die Fortführung der Kärntner Parteienallianz als das höhere Gut, gerät der Intendant in Schwierigkeiten. "Haider, sagt Pflegerl, "kann die SPÖ mit der Koalitionsfrage dazu zwingen, sich in seine Pläne zu fügen."

Vergessen scheint, dass die exorbitant hohen Abgänge der Seebühne durch die Eigenwilligkeiten des Landesvaters mitverursacht erscheinen. Eben noch hatte Pflegerl die Unmöglichkeit verdeutlicht, mit den genannten Etatkürzungen von rund 3,5 Millionen Euro den Spielbetrieb gedeihlich fortzuführen, da deckten ihn die politischen Kontrahenten mit Anwürfen zu: Er solle gefälligst seinen Reiseetat von jährlich 15.000 Euro durchforsten.

Eine entwürdigende Situation für einen Theatermann, der auf die Feldforschung angewiesen ist, um namhafte Künstler an den Südrand der deutschen Theaterwelt zu verpflichten - dorthin, wo einander Fuchs und Karawanken-Bär sonst Gute Nacht sagen. Was soll nun werden, Herr Pflegerl? "Die formale Unterstellung des Theaters unter das Dach einer Holding wäre der Bruch meines Intendantenvertrages." Pflegerl kann also nicht wirklich etwas "passieren". Er könnte den Bettel sogar hinschmeißen. Aber Trost? - Ist das keiner. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2004)