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Wien - Trauriges Land: 400.000 Österreicher leiden an einer Form von Depression. Das seien zwei Prozent mehr als 1994, gab Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat Ende der Woche in Wien bekannt. Nach Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes hätte damit die Depression jede Chance, zur "neuen Volkskrankheit" zu werden.

Depression ist ein klinisches Zustandbild mit affektiven, kognitiven und körperlichen Symptomen - von bedrückt sein und existenzieller Angst über Selbstzweifel und Suizidalität bis hin zu Antriebsverlust, Verlust der Libido, Schlafstörungen und einem Drücken in der Brust. Depressive Verstimmungen können nach Wochen verfliegen, eine schwere Depression hingegen kann wiederkehren und Jahre dauern.

1551 Tote durch Suizid im Jahr 2002

2002 starben 983 Menschen bei Verkehrsunfällen und 1551 nahmen sich das Leben. 90 Prozent aller Suizide wurden in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen begangen, jedoch suchten nur 40 Prozent davon zuvor einen Arzt auf. 60 Prozent der Depressionen bleiben unerkannt. Fest steht: "Mit differenzierteren Psychotherapien und verträglicheren Antidepressiva ist die Krankheit gut behandelbar. Sie kann sich aber unterschiedlich bemerkbar machen: Bei einer Störung des Bewegungsapparats denkt der Hausarzt vielleicht nicht sofort an Depression", sagt Hans-Peter Kapfhammer, Vorstand der Universitätsklinik für Psychiatrie in Graz, zum STANDARD. Zudem "gibt es keine eindeutige Ursache. Es handelt sich nicht nur um eine Störung der Botenstoffe im Gehirn." Die Krankheit sei das Resultat von Biologie und Umwelt. Bei bestimmten "genetischen Faktoren" können bestimmte Lebensereignisse Depression auslösen. Danach aber "schafft auch die genetische Realität eine Umwelt": Wer einmal eine schwere Depression gehabt hat, könne rückfällig werden.

Mit einer Informationskampagne will die Regierung nun die Krankheit enttabuisieren und damit unnötige Hospitalisierungen und Ausfälle am Arbeitsplatz vermeiden - mehr Leute dazu bringen, rechtzeitig zum Arzt zu gehen. Erhebungen der WHO zufolge ist das Kostenverhältnis von Krankenständen versus verminderter Produktivität am Arbeitsplatz trotz Anwesenheit bei Depression 30:70. (Eva Stanzl/DER STANDARD, Printausgabe, 30.-31.10.2004)