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Marco Iacoboni (re.) und Forschungsassistent Jonas Kaplan vor dem Hirnscan eines Bush-Wählers: Auf Bilder von 9/11 reagierte der Gescannte viel emotionsloser als Demokraten.

Foto: DER STANDARD/AP
Los Angeles - Für dieses Mal ist es sich noch nicht ausgegangen. Aber beim nächsten Duell ums Weiße Haus wollen US-Wahlkampfstrategen ihre Werbebotschaften nicht mehr an - aufgrund von Umfragen und Hochrechnungen - vermuteten Empfänglichkeiten der Urnengänger orientieren, sondern an tatsächlichen. Aus diesem Grund schaut Neurologe Marco Iacoboni an der University of California in Los Angeles den Wählern schon heute tief ins Hirn. Mit Magnetresonanztomografie.

Tom Freedman, ehemaliger Wahlkampfstratege von Bill Clinton, sponsert diese politische Forschung. Er lässt herausfinden, welche Prozesse die eingesetzten Botschaften im Hirn der Wähler auslösen.

Probanden im Scanner

Iacoboni schiebt dazu seine Probanden in den Scanner und spielt ihnen Werbespots von US-Präsident George W. Bush und Herausforderer John Kerry vor. Dabei beobachtet der Neurologe den Blutfluss der Versuchspersonen, denen er zuvor ein Kontrastmittel in die Adern gespritzt hat. Der Blutfluss zeigt ihm, welche Hirnareale bei welchen Botschaften aktiv werden. Und die jeweiligen Hirnareale geben ihm wiederum darüber Auskunft, ob eine Botschaft rational oder emotional aufgenommen und verarbeitet wird.

Erste Trends ließen sich laut New York Times bereits aus Wählerhirnen ablesen. Demokraten und Republikaner reagierten besonders auf einen Bush-Werbespot, der mit Bildern von 9/11 manipulierte, unterschiedlich: Bei Demokraten war ein Hirnareal viel stärker aktiv als bei Republikanern - die Amygdala, jener Bereich, der auf Gefahren reagiert und Ängste verarbeitet. Iacobonis erste Interpretation: Demokraten seien wahrscheinlich sensibler gegenüber Gewalt, lehnten sie stärker ab als Republikaner. (fei/DER STANDARD, Printausgabe, 20.-31.10.2004)