Berlin - Die Union dringt im Kampf gegen den so genannten Tanktourismus in deutschen Grenzregionen auf rasche und wirksame Gegenmaßnahmen der Berliner Regierung. "Die rot-grüne Koalition sollte endlich dem Beispiel anderer EU-Länder folgen und gegen den grassierenden 'Tanktorismus' vorgehen", forderte der CDU-Abgeordnete Michael Kretschmer. Angesichts steigender Benzinpreise könnten die Untätigkeit und das Desinteresse der Koalition nicht länger hingenommen werden. Während andere Länder das Problem aktiv angingen, dringe Berlin nur auf einen höheren Mindeststeuersatz auf EU-Ebene.

Benzin und Diesel seien überall billiger und "Tanktourismus" kein Problem der EU-Erweiterung, sagte Kretschmer, der Berichterstatter der Unions-Bundestagsfraktion für Fragen der EU-Erweiterung und der Grenzregionen ist. Das Problem sei hausgemacht. Kretschmer nannte es "beängstigend, wie wenig die Bundesregierung über die Auswirkungen des 'Tanktourismus' in den deutschen Grenzregionen weiß". Die Regierung habe nach eigenen Angaben keine Informationen über dadurch ausfallende Steuereinnahmen und den wirtschaftlichen Schaden. Die Mineralölwirtschaft schätze den Steuerausfall auf eine Milliarde Euro. 1.000 Tankstellen und 5.000 Arbeitsplätze seien bedroht.

Gegenmaßnahmen

Italien habe vor Jahren Gegenmaßnahmen bei der EU beantragt und bis 2006 eine Sonderregelung bewilligt bekommen. In norditalienischen Grenzregionen gelte demnach zur Schweiz und nach Slowenien ein verminderter Steuersatz. Frankreich setze sich seit längerem in der EU für eine regionale Staffelung der Mineralölsteuersätze ein. Zudem habe die Pariser Regierung kürzlich einen neuen Vorschlag gemacht, die Mineralölsteuer dort zu senken, wo dies erforderlich sei. Eine Gegenmaßnahme könnte Kretschmer zufolge sein, die Mineralölsteuer entsprechend des Grenzabstandes gestaffelt zu reduzieren. "Die Bundesregierung versteckt sich dagegen hinter ihrer alten Forderung nach einer Anhebung des Mindest-Mineralölsteuersatzes in der EU, die sie aber selbst mittelfristig für nicht durchsetzbar hält."

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Union erklärte das Wirtschaftsministerium, "um dem 'Tanktourismus' besser entgegentreten zu können, erwartet die Bundesregierung auf europäischer Ebene eine zügige Umsetzung der Energiesteuer-Richtlinie durch die benachbarten Mitgliedstaaten". Die Mindeststeuersätze seien zu niedrig angesetzt. Höhere Sätze seien jedoch bisher im EU-Rat, der in Steuerangelegenheiten einstimmig beschließt, nicht durchsetzbar.

Vorschläge des Mineralölmittelstandes seien geprüft worden, heißt es in der Antwort weiters. Das "Italienische Modell" könne aber nicht übernommen werden. "Um die Ermäßigung auf nationaler Ebene einführen zu können, bedarf es mithin zum einen eines entsprechenden Vorschlags der Europäischen Kommission und zum anderen der einstimmigen Entscheidung aller Mitgliedstaaten." Die Kommission unterstütze allerdings ein solches Anliegen nicht, da es im Widerspruch zur Entwicklung des EU-Binnenmarktes stehe, so der Bund. "Bei realistischer Einschätzung der Interessenslage dürfte auch die weitere Hürde einer einstimmigen Ratsentscheidung nicht zu überwinden sein." (APA/dpa)