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Wien - Geht das derzeitige Wachstum so weiter, könnte schon 2006 erstmals die 100-Milliarden-Schwelle bei den heimischen Warenexporten erreicht werden. Acht Prozent heuer, prognostizierte sieben Prozent Wachstum im kommenden Jahr: Der Export ist zur Konjunkturstütze Nummer eins geworden. Anders formuliert: "Ohne diesen Export hätten wir in den letzten Jahren aufgrund der schwachen Inlandsnachfrage kaum noch Wirtschaftswachstum gehabt", sagt Wirtschaftsforscher Markus Marterbauer.

Kein Job-Export

Dass über den Export vor allem Arbeitsplätze exportiert würden, wie dies eine Spiegel-Titelgeschichte kürzlich für Deutschland suggerierte, stimmt laut Marterbauer weder für Deutschland noch für Österreich. Die Wertschöpfung der heimischen Industrie - Exporte abzüglich Vorleistungen - liege heuer bei 4,5 Prozent. Dadurch sei der langjährige Beschäftigungsabbau in der Industrie praktisch zum Stillstand gekommen. Auch die Produktivitätssteigerungen lägen bei vier bis fünf Prozent, für Marterbauer der Hauptgrund der günstigen Lohnstückkostenentwicklung gegenüber den Haupthandelspartnern und „nicht die niedrigen Lohnabschlüsse“.

Handelsbilanz bleibt negativ

Den steigenden Exporten - vor allem nach Deutschland, den Nachbarn in Süd- und Osteuropa und nach Nordamerika - stehen freilich auch steigende Importe gegenüber, wodurch die Handelsbilanz negativ bleibt. Das Jahr 2002 wird auf längere Sicht ein einmaliger Positivausreißer bleiben, wenn auch das Handelsbilanzdefizit 2004 und 2005 mit Werten zwischen 700 Millionen und einer Milliarde Euro deutlich geringer ausfallen wird als 2003.

Viel Geld fließt weiterhin in die Exportförderung. Zwischen Wirtschafts- und Finanzministerium wurde zwar lange um die versprochenen Mittel für die „Internationalisierungsoffensive“ gerungen. Von den ursprünglich zugesagten Mittel von 50 Mio. Euro für die Jahre 2004 bis 2006 wurden nun im Oktober immerhin 33 Mio. Euro unterschrieben. Dieses Geld fließt in 30 verschiedene Förderinstrumente von Bund und Wirtschaftskammer. Der Rest taucht jetzt bei Österreich Werbung, Austria Wirtschaftsservice oder der Kontrollbank auf.

"Exportoffensive läuft"

Damit kommen jährlich rund elf Mio. Euro vom Bund zu dem Wirtschaftskammer-Budget von 70 Mio. Euro hinzu, erklärt Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft in der Kammer. Koren: „Die Exportoffensive läuft. Wir sind seit Jahresanfang in finanzielle Vorleistung getreten. Jetzt schalten wir den Turbo zu.“

Von der erhofften Steigerung von 15.000 auf 30.000 Exportbetriebe in Österreich ist man jedoch noch ein Stück weit entfernt. Mit Jahresmitte sei man aber bei 21.000 Exporteuren angelangt, freut sich Koren.

Im EU-15-Vergleich liegt Deutschland mit plus zwölf Prozent vor Österreich mit plus elf Prozent Exportwachstum im ersten Halbjahr 2004 an erster Stelle. Von den EU-Neulingen kommen manche auf wesentlich höhere Werte, wenn auch von einem wesentlich niedrigeren Niveau aus: Zypern plus 38 Prozent oder Polen plus 22 Prozent.

Weniger Deutschland-abhängig

Österreich hat von der Ostöffnung nicht nur wirtschaftlich profitiert, sondern auch die Abhängigkeit vom Haupthandelspartner Deutschland reduzieren können. Traditionell gingen 40 Prozent aller heimischen Exporte - etwa jene der Automobilzulieferer - nach Deutschland, heute sind es knapp unter 32 Prozent.(Michael Bachner, DER STANDARD Printausgabe, 2.11.2004)