Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA
STANDARD : Der Edelstahlerzeuger Böhler-Uddeholm will die Wiener Börse verlassen, sollte das Verfahren der Übernahmekommission zum Ergebnis kommen, dass die Fries-Gruppe mit ihren 25,7 Prozent als größter Aktionär ein Übernahmeangebot legen muss. Ist das nicht extrem schädlich für den Finanzplatz, wenn offenbar so unklar ist, wie unser Übernahmerecht auszulegen ist?

Zapotocky: Ja, eine zu lange Diskussion ist schädlich für unser Image.

STANDARD: Ist das Übernahmerecht ein Sanierungsfall, wie etwa VA-Tech-Großaktionär Mirko Kovats meint, oder betreibt die Kommission L'art pour l'art?

"Übernahmerecht außer Frage"

 Zapotocky: Das Übernahmerecht steht für mich absolut außer Frage. Es ist außerdem ein ganz wesentliches Gesetz für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Börse. Die 30-Prozent-Schwelle, ab der ein Aktionär zu einem Übernahmeangebot verpflichtet wird, ist international Standard.

STANDARD: Liegt das Problem also in der Übernahmekommission oder den dort handelnden Personen? Die Kommission hat das Verfahren bei Böhler ja fast ein Jahr nach dem Rückzug der ÖIAG gestartet.

Zapotocky: Es besteht offenbar Handlungsbedarf bei der Auslegung des Gesetzes.

STANDARD: Welcher?

"Klärungsbedarf"

Zapotocky: Die Frage, wann ein so genannter passiver Kontrollwechsel nach Rückzug eines Großaktionärs erfolgt, ist offenbar klärungsbedürftig. Es scheinen Ermessensspielräume wie im Fall der Böhler nach dem Rückzug der ÖIAG zu bestehen.

STANDARD: Was schlagen Sie vor?

Zapotocky: Ich habe in meiner Funktion nichts vorzuschlagen - ich würde mir wünschen, dass diese Ermessensspielräume eng gehalten werden. Wir brauchen rasch Klarheit. Sonst könnte ähnliches wie jetzt bei Böhler bei jedem Generationenwechsel in börsennotierten Unternehmen auftreten. Es gibt einige Unternehmen an der Börse, die sich bald vor derselben Problematik finden könnten. Möglich, dass sich herausstellt, dass die nun thematisierten Probleme in der Durchführungsverordnung liegen.

STANDARD: Was würde Ihrer Meinung nach Klarheit schaffen? Es steht auch der Vorschlag im Raum, die in bestimmten Fällen festgesetzte Schwelle von 20 Prozent im Zuge der vom Bundeskanzler selbst verordneten Reform des übernahmerechtes zu „überdenken“.

Zapotocky: Das wird die Expertenrunde im Justizministerium, die jetzt zusammengestellt wird, diskutieren müssen. Ich meine, dass eine klare generelle 30-Prozent-Grenze reicht, weil wir in Österreich Kernaktionäre brauchen und ja auch haben wollen.

STANDARD: Das räumt aber Aktionären oder Aktionärsgruppen grundsätzlich sehr dominierende Rollen ein. Erleichtert das nicht in der Folge auch kalte Übernahmen?

Zapotocky: Europa ist kein Kontinent des totalen Streubesitzes wie die USA. Wir brauchen starke Kernaktionäre für Privatisierungen, das muss möglich sein. Unsere Aktienkultur ist nun einmal nicht so, dass der größte Aktionär fünf Prozent hält. Gerade in Österreich, wo die Investitionslandschaft wesentlich von großen Familien und Familienunternehmen geprägt ist, brauchen wir Kernaktionäre, sonst funktioniert der Markt nicht.

STANDARD: Es ist doch aber hinterfragenswert, ob ein Kontrollwechsel so wie derzeit via Anwesenheit der Stimmrechte bei der Hauptversammlung festzustellen ist.

 Zapotocky: Damit werden sich die Experten im Justizministerium vermutlich auch auseinander setzen.

 

Zur Person

Stefan Zapotocky ist seit 2000 Vorstand der Wiener Börse AG, kürzlich wurde sein Vertrag bis 2008 verlängert.