Er ist ziemlich selten geworden, der Kapaun. Kein Wunder, denn das Kastrieren eines jungen Hahns, nur damit er fetter wird, kommt heute irgendwie nicht mehr so gut, abgesehen davon, dass es dank moderner Masthybriden auch nicht mehr notwendig ist, einen Hahn zu kastrieren, ihm den Kamm und die Bartlappen abzuschneiden (das wurde früher nämlich auch gemacht), damit das Tier gewichtsmäßig ordentlich zulegt, das schafft die Zucht-Technik heute schon ganz alleine.

Alleine, ein interessanter Fall ist der Kapaun trotzdem: An die 3,5 Kilo soll er nach acht Monaten Mast früher erreicht haben, war in Deutschland und Italien („cappone“) ein beliebter Weihnachtsbraten, sein Fleisch zarter und fetter als das jedes anderen Geflügels. Auch recht bemerkenswert: Für einen Kapaun – in der Bresse werden diese Tiere immer noch gezüchtet und unterliegen sogar einem offiziellen Gütesiegel – müssen heute an die 150 Euro bezahlt werden; und nicht zuletzt gilt der Kapaun zwar als unsagbar feige und soll am Hof auch vor energisch auftretenden Hennen die Flucht ergreifen, dafür als äußerst kinderlieb: Der Kapaun brütet wie ein Einser und betreut die Küken auch noch, wenn sie von der Glucke schon längst verjagt werden. Und: Der Kapaun kräht kaum, und wenn, dann mit sehr viel leiserer Stimme. Nun, vielleicht doch nicht unbedingt ein Grund, den jungen Hahn deshalb zu kastrieren (was bei Hähnen übrigens gar nicht so leicht ist, wie man liest), wiewohl ihm das zumindest ein Leben von acht Monaten beschert, die unkastrierten Junghähnen nur im Ausnahmefall zugestanden werden. Und wiewohl das Fleisch des Kastraten-Gockels wirklich ausnehmend gut schmeckt, wie ich unlängst eingeladen wurde festzustellen, so stellt sich die Frage, ob diese Qualität sowohl den Eingriff als auch den Mast-Aufwand und den daraus resultierenden Preis rechtfertigen. Gefühlsmäßig würde ich sagen, nein, allerdings muss man da jetzt auch nicht den heiligen Schauer kriegen, wenn ein Gockel kastriert wird, das passiert bei so ziemlich allen Haustieren millionenfach und um eine gewünschte Fleischqualität zu erzielen, haben sich Menschen noch ganz andere Dinge einfallen lassen als das – und da ist die Herstellung von Kobe-Beef (Füttern der Rinder mit Mais und Getreide, Tränken mit Bier, tägliche Massage) wahrscheinlich noch am ehesten das – wenn auch nicht unbedingt artgerecht –, was unter „Wellness“ geführt werden darf.

In der Steiermark, so liest man zumindest auf deutschen Seiten vermehrt, würden heute noch Kapaune gezüchtet werden, was mir zwar in Österreich noch nie wirklich aufgefallen wäre, allerdings spricht die nicht ganz so seltene Existenz der so genannten „Poularde“ („geschnittene“, gemästete Henne) in der Steiermark – traditionell gefüllt mit gut gewürzter Semmelfülle – durchaus auch für die Existenz der Kapaune. Von mir aus kann man’s sein lassen, ich hab’ den Kapaun vom besten Koch Wiens zubereitet bekommen, und er war trotz aller Virtuosität der Zubereitung halt auch nur irgendwie ein Hendl.