Bild nicht mehr verfügbar.

Bei der Präsidentenwahl im Jahr 2000 mussten zahlreiche US-Zeitungen ihre Schlagzeilen ändern.

Foto: APA/epa
Washington - Vier Jahre nach den umstrittenen Präsidentenwahlen von 2000, als die Nachzählungen in Florida durch das republikanisch dominierte Höchstgericht gestoppt wurden, steht den USA ein neuer Wahlkrimi ins Haus.

Ohio könnte zum neuen Florida werden, der entscheidende Bundesstaat, wo erst nach tage- oder sogar wochenlangen Zählungen und hartem Rechtsstreit die Wahl entschieden wird. Um dies von vornherein zu vermeiden und Präsident George W. Bush den in Reichweite scheinenden Wahlsieg diesmal bequemer zu sichern, macht das Weiße Haus nun Druck auf die TV-Sender: Die Medien sollen ihren Schlüssen folgen und Bush zum Wahlsieger ausrufen.

"Too close to call"

Doch viele Sender, die im Jahr 2000 zu schnell mit der Ausrufung eines Wahlsiegers waren und Florida abwechselnd dem Demokraten Al Gore und dem Republikaner George W. Bush zugesprochen hatten, lassen sich diesmal Zeit. "Too close to call" - zu knapp für eine Wahlprognose lautet Dienstag nacht das Motto. CNN und CBS ließen den Wahlausgang in Ohio und damit das Endergebnis zunächst offen.

Das Weiße Haus habe seine PR-Maschine angeworfen, um die Networks zu beeinflussen, wurde den Zuschauern zu später Stunde sogar offen mitgeteilt. Nachgegeben bzw. sogar vorgeprescht war der konservative Sender Fox-News, der Ohio bereits Stunden zuvor klar dem Bush-Lager zugeordnet hatte.

"Provisorische Stimmen"

Waren es in Florida die Lochkarten und unklaren Stimmzettel, sind es nun in Ohio die noch nicht ausgezählten "provisorischen Stimmen". Umstritten ist deren Zahl und die Bedeutung für den Wahlausgang: Während die Demokraten rund eine Viertel Million provisorischer Stimmen sehen, sprechen die Republikaner von "nur" 130.000, die wegen des etwa gleich großen Vorsprungs für Bush keinen Ausschlag mehr für den Demokraten Senator John F. Kerry geben könnten. "Jede Stimme wird zählen", versprach der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat John Edwards. Doch genau das scheint nicht gesichert zu sein.

Mutprobe

Es scheint zur Mutprobe der Medien und der Wahlbehörden in Ohio zu werden, nun auf der korrekten Auszählung dieser Stimmen zu beharren, bevor der Wahlsieger ausgerufen wird. Um so mehr, als viele der "provisorischen Stimmen" diesmal von den zu 90 Prozent demokratisch wählenden Afro-Amerikanern kommen, die oft aus formalen Gründen von republikanischen "Wahlbeobachtern" an einer sofort gültigen Stimmabgabe gehindert worden waren.

Auch Mieter, die öfter ihren Wohnsitz wechseln als Hauseigentümer und sozial schlechter gestellt sind, geben häufiger eine provisorische Stimme ab, weil sie auf der Liste ihres Wahlsprengels nicht aufscheinen.

Drängen auf schnellen Sieg

Das Weiße Haus drängt jedenfalls auf einen schnellen Sieg. Warum die Auszählung aller Stimmen von Ohio, der provisorischer Stimmen und der Wahlkarten aus dem Ausland, nicht einfach abgewartet wird, bleibt dem Beobachter der am exakten Ergebnis interessiert ist, verborgen.

Wenn die Republikaner so siegessicher sind, könnten sie doch auch die ordentliche Auszählung abwarten und dann einen hieb- und stichfesten Wahlerfolg präsentieren. "Atmen Sie tief durch und entspannen Sie sich", lautete der Ratschlag des für Wahlen zuständigen Innenministers von Ohio, eines erklärten Republikaners. Doch davon ist nichts zu merken. (Edith Grünwald/APA)