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George W. und Laura Bush in Waco/Texas, John F. Kerry und Theresa Heinz in Bedford/Massachusetts: Immer lächeln, immer winken, immer Zuversicht zeigen - bis Kerry Mittwochnachmittag aufgab.

Fotos: AP/Monsivais, Reuters/Snyder
Mittwoch, kurz nach 11 Uhr Washingtoner Zeit, telefonierte John F. Kerry mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, George W. Bush, gratulierte ihm zu seinem Sieg und setzte damit einer langen und aufregenden Wahlnacht ein Ende. Denn erst in den frühen Morgenstunden war immer klarer geworden, dass von einem anfänglich vermuteten Patt zwischen dem republikanischen Amtsinhaber und seinem demokratischen Herausforderer nicht mehr die Rede sein konnte und Bush mit ungleich besseren Chancen in das bevorstehende Auszählungsfinale im umkämpften Bundesstaat Ohio gehen würde als John Kerry.

In dem fünf Minuten langen Telefongespräch lobte Bush seinen Widersacher als "bewundernswerten, würdigen Gegenspieler" und Kerry flehte Bush förmlich an, der Spaltung im Lande ein Ende zu setzen. Der Tradition folgend – dass die erste Rede vom Verlierer und der Gewinner erst zum Abschluss der Wahl vor die amerikanische Nation tritt – wird sich Kerry um 14 Uhr Ortszeit (20.00 MEZ) vor Bostons berühmter Faneuil Hall seinen enttäuschten Anhängern stellen. Kurz darauf dürfte ein strahlender Präsident George W. Bush mit seiner Siegesrede folgen. Für die Demokraten hatte der Wahlabend viel versprechend begonnen. Die Börse reagierte einige Stunden, bevor die Wahllokale in den östlichen Bundesstaaten zusperrten, auf Internetgerüchte, die von einem angeblichen Wahlsieg Kerrys wussten.

Auf der Homepage der bekannten Web-Tratschbase Matt Drudge hatte es ebenfalls geheißen, dass sich John Kerry optimistisch gebe – Drudge warnte allerdings davor, dass das auch bei Vizepräsident Al Gore in der gleichen Phase im Jahr 2000 so gewesen sei. Exit-Polls, von denen Medienkonsumenten ohne privilegierte Erkenntnisquellen am frühen Abend noch nichts wussten, hoben die Stimmung bei den Demokraten und ergänzten sich mit aus dem Weißen Haus durchsickernden Meldungen, wonach die Laune dort zu wünschen übrig lasse.

Der Großteil der Familie Bush hatte sich im Präsidentensitz in Washington D.C. eingefunden und folgte dem Lauf des Geschehens auf über dimensionalen Videowänden. Lediglich Gouverneur Jeb Bush, der Bruder des Präsidenten, war für den Fall möglicher Wahlscherereien zu Hause in seinem Bundesstaat Florida geblieben.

Süden geht an Bush

Die ersten Exit-Polls um 19 Uhr Ortszeit zeigten, dass die meisten Staaten an der Ostküste so gewählt hatten, wie man es von ihnen erwartet hatte. Je länger der Abend jedoch dauerte, umso mehr verfestigte sich bei den Experten der Eindruck, als habe man es mit einer Wiederholung der Wahlen des Jahres 2000 zu tun. Der gesamte Süden ging lückenlos an Bush, die großen und kleinen liberalen Küstenstaaten ebenso zuverlässig an Kerry.

Staaten, die Bush im Jahr 2000 gewonnen hat und die als mögliche Swing States gehandelt wurden, blieben, mit der Ausnahme von New Hampshire, republikanisch. Das Interesse fokussierte sich zunehmend auf die drei großen Swing States Pennsylvania, Florida und Ohio sowie die Staaten um die Großen Seen, die 2000 zumeist Al Gore gewonnen hatte. Pennsylvania ging an den Demokraten, Florida – ein harter Schlag für Kerry – an den Republikaner.

Das Spotlight ruhte nun fast ausschließlich auf Ohio. Nachdem eine Reihe von Fernsehstationen, darunter auch Fox News, nicht aber CNN, den Staat Ohio und damit die Wahl kurz nach Mitternacht zugunsten von Bush erklärten, gab Mary Beth Cahill, Chefstrategin der demokratischen Kampagne, eine Erklärung heraus, wonach Ohio noch immer im Spiel sei. Die Washington Post berichtete in ihrer Morgenausgabe, dass zu diesem Zeitpunkt im Wahlkampfteam der Demokraten "ein Pandämonium" ausgebrochen sei. (DER STANDARD, Printausgabe 4.11.2004)