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Kerry akzeptierte Bushs Sieg in Ohio: Der Vorsprung sei uneinholbar, selbst wenn alle provisorischen Wahlzettel den Demokraten zufielen, sagte Kerry in seiner Rede.

Foto: AP Photo/Elise Amendola
Washington - John Kerrys Aufgabe am Mittwochmittag Ortszeit beendete auch mit einem Schlag das Hoffen und Bangen der Demokraten um die Mehrheit in Ohio, genannt der "Buckeye State", das Land der Rosskastanien. Kerry hatte Bushs Sieg in Ohio – er konnte 140.000 Stimmen mehr für sich gewinnen – schlicht akzeptiert. Der Vorsprung sei uneinholbar, selbst wenn alle provisorischen Wahlzettel den Demokraten zufielen, sagte Kerry in seiner Rede.

"Wir werden um jede Stimme kämpfen", hatte John Edwards, demokratischer Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten, noch wenige Stunden zuvor beteuert. Der studierte Jurist setzte auf die 250.000 Briefwahlzettel und so genannten "provisorischen Wahlzettel", die noch nicht ausgezählt sind.

Konkret ging es um einige Bezirke in Cleveland und Cincinnati mit vorwiegend schwarzer Bevölkerung. Dort hatten Obdachlose oder Menschen, die keinen der geforderten Ausweise bei sich hatten, und jene, die sich zwar ordnungsgemäß registriert hatten, deren Namen aber dennoch nicht auf den Wahllisten auftauchten, provisorisch gewählt. Eine provisorische Stimmabgabe wird prinzipiell auch all jenen ermöglicht, deren Wahlrecht infrage steht.

Auch in Iowa (sieben Wahlmänner) war die Auszählung nicht abgeschlossen; die knappe Wahl in New Mexico konnte Bush aller Voraussicht nach für sich entscheiden - er führte dort mit 12.000 Stimmen, als noch 27.000 provisorische und Briefwahlstimmen auszuzählen waren. Im erbittert umkämpften Südstaat Florida (27 Wahlmänner) lag Bush nach Berechnungen des Fernsehsenders ABC mit 52 Prozent klar vor Kerry, der mit 47 Prozent rechnen konnte. Außer dem Staat New Hampshire (vier Wahlmänner), den Kerry für sich gewinnen konnte, und New Mexico, den Bush gewann, wählten alle Staaten genauso wie bei der Wahl 2000. Bei ihrer Entscheidung ließen sich die Wähler nach einer AP-Umfrage vor allem von den Themen Terrorgefahr, Wirtschaft und moralische Werte leiten. In der Sicherheitspolitik vertrauten die meisten Wähler eher Bush, während sie Kerry die besseren Fähigkeiten in der Wirtschaftspolitik zuschrieben. Als wahlentscheidende Eigenschaften der Kandidaten wurden Führungsstärke und die Fähigkeit zum Wandel hervorgehoben.

Nach einem erbittert geführten Wahlkampf machten am Dienstag so viele Amerikaner wie seit Jahrzehnten nicht mehr von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Rund 120 Millionen oder knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab, das ist die höchste Wahlbeteiligung seit 1968.

"Vorläufiges Wählen"

"Vorläufiges Wählen" wurde nach dem Lochkartendebakel in Florida im Jahr 2000 landesweit eingeführt. Nach Schätzungen konnte damals insgesamt eine Million Wähler ihre Stimme aufgrund bürokratischer Hürden nicht abgeben. In Ohio existiert die Möglichkeit allerdings schon seit zehn Jahren. Aufgrund der Gesetzeslage in diesem Bundesstaat wird sich die endgültige Auszählung der Stimmen bis mindestens Mitte November verzögern. In den nächsten zehn Tagen wird ein demokratisch und republikanisch zusammengesetztes Wahlgremium zuerst die Legitimität der provisorischen Stimmen untersuchen.

Schon im Vorfeld der Wahl kam es zu Rechtsstreitigkeiten um diese Stimmen. Schließlich setzte sich der republikanische Wahlleiter von Ohio, Kenneth Blackwell, mit seiner Rechtsauffassung vor Gericht durch, dass nur jene provisorischen Stimmen anerkannt werden, die in genau jenem Bezirk abgegeben wurden, in dem der jeweilige Wähler zu Hause ist. (DER STANDARD, Printausgabe 4.11.2004/red)