Als George W. Bush in der Nacht zu Mittwoch auf eine Wiederwahl zusteuerte, kam der bemerkenswerteste Kommentar dazu wohl aus Teheran, dem nach der Einnahme Bagdads mittlerweile Erstgereihten auf der "Achse des Bösen" des amerikanischen Präsidenten. "Bushs Methoden sind falsch", meinte Mohammed Ali Abtahi, Berater des iranischen Staatschefs Khatami, "aber jetzt – nach den Fehlern, die er im Nahen Osten gemacht hat – kennt er die Region besser als Kerry, der Zeit und Geld braucht, um zu Bushs Schlussfolgerungen zu gelangen".

Hoffnung auf die Lernfähigkeit des Amtsinhabers im Weißen Haus und Versicherungen, dass nach der Wiederwahl des Republikaners alles schon weiter seinen Weg gehe, überwogen international aufseiten der Kritiker des amerikanischen Präsidenten. "Für uns ist es wichtig, dass wir weiterhin gut mit unserem wichtigsten Partner und Alliierten außerhalb Europas zusammenarbeiten", meinte der deutsche Außenminister Joschka Fischer. Anders seien die "schwierigen Herausforderungen in der internationalen Politik" nicht zu bewältigen.

Spanien setze auf eine "effektive und konstruktive Zusammenarbeit", sagte ganz ähnlich auch Premierminister José Luis Rodríguez Zapatero in Madrid. Auch er mahnte Bush: Beide Seiten müssten dabei die Ideen und Prinzipien des Anderen respektieren. Spanien hatte nach dem Wahlsieg der Sozialisten im März seine Truppen aus dem Irak abgezogen und damit eine diplomatische Verstimmung zwischen Washington und Madrid ausgelöst.

UN-Generalsekretär Kofi Annan nutzte seine Gratulation an Bush, um eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den USA und den Vereinten Nationen einzufordern. Abgesehen von der "fundamentalen Meinungsverschiedenheit" über die Rechtmäßigkeit des Irakkrieges hätten die UN und die USA in den ersten vier Jahren der Regierung Bush "solide und produktiv" zusammengearbeitet, formulierte Annans Sprecher Fred Eckhard am Mittwoch. Nach Überzeugung Annans müssten die USA innerhalb der UN "die Führungsrolle spielen, die sich aus ihrem wirtschaftlichen und politischen Einfluss auf der ganzen Welt ergibt", sagte Eckhard.

Paris: Neue Etappe

Frankreichs Außenminister Michel Barnier rief zu einer "neuen Etappe" in den transatlantischen Beziehungen auf. Es müsse versucht werden, Amerikas Vertrauen in das "europäische Projekt" zurückzugewinnen. Dänemarks Premier Anders Fogh Rasmussen forderte, Bush müsse im Falle seiner Wiederwahl stärker mit den Vereinten Nationen kooperieren und an einer Lösung des Nahostkonflikts arbeiten. Ähnlich äußerten sich die Regierungschefs von Schweden und Norwegen.

Der russische Staatspräsident Wladimir Putin erklärte dagegen, er freue sich auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Bush. "Falls er wiedergewählt ist, gratulieren wir ihm und freuen uns, dass der Dreck, mit dem man ihn beschmutzen wollte, nicht an ihm hängen geblieben ist", sagte Putin. Er habe Bush in dessen erster Amtszeit als "konsequenten und anständigen Menschen" kennen gelernt. Erfreut äußerten sich auch Regierungsvertreter in Warschau und Rom. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.11.2004)