Wien (APA) - Auch die zweite Landeshauptleutekonferenz zum Thema Asyl hat keinen Durchbruch gebracht. Die Ländervertreter verständigten sich am Donnerstag mit Innenminister Ernst Strasser (V) lediglich darauf, dass in den nächsten Wochen die Umsetzung der so genannten Grundversorgungs-Vereinbarung nochmals überprüft wird. Unter anderem wird seitens der Länder ein Kriterien-Katalog verlangt, der genauer definiert, wer schutzbedürftig ist und daher in den Bund/Länder-Pakt fällt. Kärnten macht indes weiter Druck und droht unverhohlen mit der Aufkündigung des Vertrags.
Haider will Weg zum Verfassungsgerichtshof antreten
Landeshauptmann Jörg Haider kündigte nach der außerordentlichen LH-Konferenz in Wien an, bereits am Freitag entsprechende Schritte einzuleiten. Konkret plant er die Suspendierung der 15a-Vereinbarung nach der Wiener Vertragsrechtskonvention, die gemäß Völkerrecht für diese Sache zuständig sei. Zusätzlich will Haider den Weg zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) antreten. Als Grund gab er an, dass es weiter Auffassungsunterschiede über die Zahl der zu versorgenden Flüchtlinge gebe.
Haider: Vereinbarung wurde auf anderer Maximalzahl von Flüchtlingen getroffen
Der Landeshauptmann bezog sich einmal mehr darauf, dass ursprünglich nur von 16.000 Flüchtlingen ausgegangen worden sei, nun aber bereits mehr als 26.000 schutzbedürftige Fremde von den Ländern zu versorgen seien. Dabei seien auch viele bisher Illegale in das neue System eingeschleust worden - daher nun die Einleitung rechtlicher Schritte.
Hintertür: Einigung auf Kriterien-Katalog
Bei all diesen zornigen Ansagen ließ sich der Landeshauptmann aber eine Hintertür offen: Erziele man mit den anderen Ländern eine Einigung hinsichtlich der Kriterien für die Aufnahme von Flüchtlingen, würden die Klagen zurückgezogen. Zeit für diese Verständigung ist laut Haider etwa bis Jahresende. Rechtlich möglich wäre eine Suspendierung der 15a-Vereinbarung jedenfalls, obwohl eigentlich ein zweijähriger Kündigungsverzicht vereinbart wurde.
Bekenntnis Häupls zu Grundversorgungs-Vereinbarung
Die anderen Länder haben im Moment nicht vor, die Gerichte zu beschäftigen und suchen lieber weiter nach einem Kompromiss. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) machte dabei ein weiteres Mal klar, dass er hinter der Grundversorgungs-Vereinbarung und vor allem hinter deren Geist stehe. Niemand solle in einem der reichsten Länder der Welt auf der Straße stehen müssen. Die gleiche Meinung teilen seiner Ansicht nach auch die meisten anderen Länder, Kärnten und Teile Tirols ausgenommen.
Häupl: Vertrag beinhaltet Kündigungsverzicht bis 2007
Eine Kündigung der 15a-Vereinbarung ist nach Ansicht des Vorsitzenden der LH-Konferenz Michael Häupl jedenfalls trotz des vorgebrachten Widerstands aus dem Süden nicht möglich. Denn der Vertrag beinhalte einen Kündigungsverzicht bis 2007. Da danach noch eine entsprechende Frist läuft, könne ein Ausstieg erst ab 2008 Realität werden. Häupl rechnet nun damit, dass letztlich das Höchstgericht Klarheit schaffen musss: "Es entscheidet mit Sicherheit am Ende des Tages der Verfassungsgerichtshof."
Völkerrechtler Leidenmühler hält einseitige Aufkündigung für möglich
Der Linzer Völkerrechtler Franz Leidenmühler betont, dass im Verfassungsgesetz für die 15a-Vereinbarungen ein Verweis besteht, dass grundsätzlich das völkerrechtliche Vertragsrecht anzuwenden ist. Die Wiener Vertragsrechtskonvention, auf die sich Haider beruft, sei das wichtigste Dokument hierzu. Danach sei eine Kündigung einseitig möglich, wenn Kärnten etwa der Ansicht wäre, dass sich seit der Vertragsunterzeichnung die Umstände grundlegend geändert hätten.
Konferenz brachte Einigung für weiteres Vorgehen: Koordinationsausschuss
Einig ist man sich wenigstens in der Vorgangsweise. Bis zur nächsten ordentlichen LH-Konferenz soll der so genannte Koordinationsausschuss zwischen Bund und Ländern ein Zwölf-Punkte-Programm diskutieren, das eine Präzisierung des Vollzugs der 15a-Vereinbarung bringt. Neben dem Kriterien-Katalog über die Schutzbedürftigkeit ist darin etwa enthalten, dass Flüchtlinge keinen Anspruch auf die Grundversorgung erhalten, wenn sie drei Monate vor dem entsprechenden Antrag anderwärtig (etwa durch Verwandte) über gesicherte Lebensverhältnisse verfügt haben. Ebenfalls vorgesehen ist, dass ein zusätzliches Erstaufnahme-Zentrum etabliert wird, um die Bestehenden in Traiskirchen und Thalham zu entlasten.
Innenminister sieht großen Änderungsbedarf bei Asyl-Berufungsinstanz