Rom - Kaum ein anderer europäischer Regierungschef hatte
wohl so sehr auf einen Sieg von George W. Bush bei den US-Wahlen
gesetzt wie Silvio Berlusconi. Noch bevor John Kerry seine Niederlage
eingestanden hatte, erklärte der italienische Ministerpräsident
bereits unumwunden, er hoffe auf eine Wiederwahl "seines Freundes
George". Das würde die künftigen Beziehungen zwischen Italien und den
USA problemloser machen - schließlich sei das Verhältnis der beiden
Politiker schon lange von "gegenseitiger Wertschätzung und
Freundschaft" geprägt.
Die übergroße Mehrheit der Italiener hat die Hoffnung ihres
Regierungschefs nicht geteilt. Seit dem Irak-Krieg ist Bush im
Stiefel-Staat als Bösewicht verschrien. In keinem anderen Land
Europas gingen so viele Menschen gegen den Krieg auf die Straße wie
in Italien, selten wurde ein politisches Thema in den vergangenen
Jahren so leidenschaftlich diskutiert.
Seit dem Urnengang in den USA sorgt die Politik bei den
politikmüden Italiener jetzt wieder für Gesprächsstoff, Amerika
bewegt und erhitzt die Gemüter. Ob im Supermarkt oder in der S-Bahn:
Das Wahlergebnis in den USA war am Donnerstag von Mailand bis Messina
Gesprächsthema Nummer 1.
Dennoch: Sympathisch finden die meisten Italiener auch John Kerry
nicht. Aber von ihm erwarteten sie zumindest eine Richtungsänderung
in der Irak-Politik und somit auch größere Sicherheit im eigenen
Land. Schließlich leben die Italiener, die 3.000 Soldaten im
Zweistromland stationiert haben, schon lange mit der Angst vor einem
Terroranschlag im eigenen Territorium. In dieser Hinsicht war Kerry
für sie immerhin ein Hoffnungsträger - und sicherlich die weniger
schlimme Alternative.
(APA/dpa)