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Foto: AP/Rauch

Manchmal überrascht uns der ORF damit, dass er die die Fackel der Aufklärung leuchten lässt, wo man es am wenigsten erwartet: Dass Sport, Politik, Kunst mittlerweile nicht mehr selbstreferentiell, sondern als großes kulturelles Zusammenspiel betrachtet werden, ist ja in einschlägig befassten Kreisen längst gängige Ansicht. Bloß, dass uns der ORF ihre praktische Anwendung ausgerechnet mit Hilfe einer Sportübertragung vermittelt, wirkt auf uns einfache Geister, die Fußball als Fußball und Politik als, nun ja, etwas anderes betrachten, ziemlich verwirrend.

Zum Beispiel spielt Bayern München gegen Juventus Turin, es ist in den ersten Minuten ein heftiges Abtasten zu beobachten, aus dem noch alles werden kann: Und plötzlich schalten wir um, Herrschaftsseiten, wir schalten um, aber nicht zu einem anderen Fußballspiel, nein, denn während Bayern-Juventus in ein briefmarkengroßes Kastl am linken Bildschirmrand weggezoomt wird, erscheint am Restbildschirm nicht Dynamo gegen Real, sondern: George Bush. Gegen uns. Erschreckend.

Und jetzt, keine Lupe zur Hand auf die Schnelle, spricht Bush, Juventus greift an, dankt seinen Wählern, Bayern verteidigt, die können nicht anders, die Bayern, nicht die Wähler, da hat der Kommentator sich erfangen und spricht den großen Satz: "Hoffentlich hält er sich kurz." Nicht der Schweinsteiger aus München, sondern der Bush aus Texas. Lieber Kollege Seeger, Sie haben so recht, aber das dauert jetzt vier Jahre. Dafür gibt es keine Nachspielzeit. (kob/DER STANDARD, Printausgabe, 5.11.2004)