Die EU-Mitgliedsländer werden mehr Geld in die Gemeinschaftskasse zahlen müssen, wenn sie einen raschen Ausbau der Transeuropäischen Verkehrsnetze haben wollen
Redaktion
,
Wien
– Für Österreich und die
anderen EU-Länder wird die
Mitgliedschaft in der Union
teurer, wenn der Ausbau des
Verkehrsnetzes so durchgezogen werden soll wie geplant.
"Es kommt die Stunde der
Wahrheit", sagte der in der
Kommission in Brüssel für
Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN) zuständige Direktor Günther Hanreich am Donnerstag in Wien. "Entweder
die Mitgliedsländer zahlen
mehr Geld oder sie sagen, dass
ihnen am raschen Ausbau der
Verkehrswege nichts liegt."
Es sei ausgeschlossen, dass
mit dem gegebenen Budget
sämtliche Projekte in überschaubarer Zeit umgesetzt
werden könnten. Derzeit führen die EU-Mitgliedsländer
knapp ein Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE;
früher Bruttosozialprodukt) in
die Gemeinschaftskasse ab –
Österreich beispielsweise
zahlt etwas mehr als zwei
Mrd. Euro pro Jahr. Diskutiert
wird nun eine Erhöhung auf
1,10 bis 1,15 Prozent. Österreich hat sich zuletzt gemeinsam mit anderen Nettozahlern
gegen eine Erhöhung der Beiträge gestemmt.
Verkehrsprojekte aus Gemeinschaftsmitteln finanzieren
Die Kommission möchte
Verkehrsprojekte von gesamteuropäischem Interesse zu 20
Prozent aus Gemeinschaftsmitteln finanzieren. Das sei
die einzige Möglichkeit, die seit Langem geplanten Transeuropäischen Netze ohne gröbere Verzögerungen zu realisieren, sagte Hanreich bei einer Veranstaltung der Gesellschaft für Verkehrspolitik.
Von den 30 TEN-Projekten,
die 225 Mrd. Euro kosten, betreffen sechs Österreich. Neben dem Brennerbasistunnel
sind das die Bahnverbindungen Linz–Prag (Summerauerbahn), Wien–Budapest,
Wien–Bratislava, der Donauausbau östlich von Wien und
die Nordautobahn von Wien
Richtung Brünn.
Heruntergebrochen auf die
Budgetperiode 2007 bis 2013
entsteht für die 30 von der EU-
Kommission als prioritär eingestuften Verkehrsprojekte
ein Finanzierungsbedarf von
140 Mrd. Euro. Davon könnten – so die Schätzungen in Brüssel – 45 bis 50 Mrd. Euro aus
den Kohäsions- und Strukturfonds geholt werden, die auf
die Bedürfnisse der neu beigetretenen Länder zugeschnitten sind; 90 bis 95 Mrd. Euro
müssten sonstwie finanziert
werden. "Wenn wir als Kommission 20 Prozent dazuzahlen sollen, ergibt das einen Finanzbedarf von knapp 20 Mrd. Euro für die gesamte Periode
oder rund drei Mrd. Euro pro
Jahr", sagte Hanreich. Derzeit
stehen für solche Projekte nur
rund 700 Mio. Euro pro Jahr
zur Verfügung.(Günther Strobl, Der Standard, Printausgabe, 05.11.2004)
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